Zur Erhebung der Jagdsteuer (GuSt Dezember 2013)
Die Landkreise und kreisfreien Städte können gemäß § 6 Abs. 1 KAG eine Steuer auf die Ausübung des Jagdrechts (Jagdsteuer) erheben. Die Steuer wird nach einem Vomhundertsatz der Jahresjagdpacht bemessen, der 20 v. H. nicht überschreiten darf.
Mit dem KAG vom 20.06.1995 wurde die vormals bestehende Verpflichtung zur Erhebung der Jagdsteuer in eine Ermessensregelung für die Landkreise und kreisfreien Städte umgewandelt. Allerdings sind bei defizitärem Haushalt alle Ertragsmöglichkeiten auszuschöpfen, um den gebotenen Haushaltsausgleich zu realisieren. Im Jahr 2010 hat die Landesregierung (vgl. LT-Drs. 15/4299) auch bei defizitärem Haushalt einen Weg eröffnet, im Rahmen einer Ermessensentscheidung die Jagdsteuer abzusenken oder von ihrer Erhebung gänzlich abzusehen, ohne dass die Aufsichtsbehörde diese Entscheidung wegen des Haushaltsausgleichsgebots gemäß § 93 Abs. 4 GemO beanstanden muss. Die Jägerschaft hat freiwillige Leistungen zugunsten der Allgemeinheit, insbesondere die fachgerechte Entsorgung von Verkehrsunfallwild, zu erbringen und damit im Gegenzug die Haushalte der kommunalen Steuergläubiger zu entlasten. Die praktischen Konsequenzen halten sich allerdings in engen Grenzen: Unverändert erhebt die breite Mehrheit der Landkreise und kreisfreien Städte die Jagdsteuer und auch den maximal zulässigen Steuersatz in Höhe von 20 v.H. der Jahresjagdpacht.
Die Bemessungsgrundlage der Jagdsteuer wurde mit dem KAG vom 20.06.1995 vom „Jahresjagdwert“ auf die „Jahresjagdpacht“ verändert. Nebenleistungen, wie z. B. die Aufwendungen des Jagdpächters zum Ersatz oder zur Verhütung von Wildschäden, unterliegen demnach nicht der Steuerpflicht.
Die Jagdsteuer ist als Kreissteuer eine örtliche, nämlich auf das Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt begrenzte Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG, die mit der Besteuerung der Ausübung des Jagdrechts einen besonderen Aufwand erfasst, der über die Befriedigung allgemeiner Lebensbedürfnisse hinausgeht. Dies gilt auch dann, wenn die mit dem Jagdrecht verbundene Hegepflicht dem in Art. 20a GG verankerten Auftrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Rechnung trägt (BVerwG, Urteil vom 29.01.2009, Az.: 9 BN 2/08).
Nicht verpachtete Eigenjagdbezirke
Bei nicht verpachteten Eigenjagdbezirken nimmt der Gesetzgeber eine Differenzierung vor: Für Eigenjagdbezirke der Gebietskörperschaften wird die Jagdsteuer nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG i. V. m. § 1 Abs. 3 KAVO nach dem durchschnittlichen Pachtpreis je Hektar aller Jagdbezirke des jeweiligen Landkreises oder der kreisfreien Stadt ermittelt; die Steuer ermäßigt sich in solchen Jagdbezirken um 20 v. H. Für private Eigenjagdbezirke gilt gemäß § 1 Abs. 2 KAVO als Jahresjagdpacht der Pachtpreis, der nach Beschaffenheit der Jagd im Gebiet des Steuergläubigers bei einer Verpachtung zu erzielen wäre. Ungewöhnliche oder ausschließlich persönliche Verhältnisse bleiben außer Betracht. Diese Differenzierung zwischen Eigenjagdbezirken der Gebietskörperschaften und privaten Eigenjagdbezirken bei der Heranziehung zur Jagdsteuer hat das BVerfG (Kammerbeschluss vom 10.08.1989, Az.: 2 BvR 1532/88) für verfassungsgemäß erachtet. In der Entscheidung, die zur Jagdsteuererhebung durch einen rheinland-pfälzischen Landkreis ergangen ist, wird festgestellt, dass die Differenzierung nicht gegen Art. 3 GG verstößt, weil Gebietskörperschaften grundsätzlich Steuergläubiger sind und sich damit rechtserheblich von den übrigen Steuerschuldnern unterscheiden.
Die grundsätzliche Frage, ob Gebietskörperschaften für nicht verpachtete Eigenjagdbezirke überhaupt jagdsteuerpflichtig sein können, hat das BVerwG (Urteil vom 27.06.2012, Az.: 9 C 2/12) verneint. Gemeinden können keinen Aufwand für Konsum im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG betreiben. Verzichtet eine Gemeinde auf Einnahmen aus der Verpachtung ihres Eigenjagdbezirks, um das Jagdrecht selbst wahrzunehmen, geschieht dies nicht im Rahmen persönlicher Lebensführung, sondern zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Gemeinden unter-liegen auch dann, wenn sie sich wie Private am Wirtschaftsleben beteiligen, einer umfassenden Gemeinwohlbindung jenseits der für die wirtschaftliche Betätigung selbst geltenden Pflichten. Bei verfassungskonformer Auslegung stellt § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG nach Feststellung des BVerwG keine gesetzliche Grundlage für die Heranziehung von Gemeinden zur Jagdsteuer dar.
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OVG Niedersachsen (Urteil vom 15.02.2008, Az.: 9 LB 9/07), hatte sich in Rheinland-Pfalz eine kommunale Gebietskörperschaft für ihren nicht verpachteten Eigenjagdbezirk gegen die Heranziehung zur Jagdsteuer gewandt, da die Eigennutzung ein Mittel zur naturnahen Waldbewirtschaftung sei. Der betriebene Aufwand diene nicht der konsumtiven Einkommensverwendung im steuerrechtlichen Sinne. Das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.05.2011, Az.: 6 A 10030/11) bestätigte hingegen, wie zuvor auch das VG Koblenz (Urteil vom 10.11.2010, Az.: 6 K 279/10), die Jagdsteuerpflicht. Mit dem Wesen der Aufwandsteuer sei es nicht vereinbar, wertend auf den Zweck des Mitteleinsatzes abzustellen. Das BVerwG hat mit der angesprochenen Entscheidung der Revision gegen das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz stattgegeben und den Jagdsteuerbescheid des Landkreises aufgehoben.
Nach dem Urteil des BVerwG verbleibt für die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG kein Anwendungsbereich. Gleichwohl hat das zuständige Innenministerium mit Schreiben vom 22.10.2012 auf Anfrage des Gemeinde- und Städtebundes mitgeteilt, dass eine isolierte Änderung des § 6 Abs. 1 KAG bzw. § 1 Abs. 3 KAVO nicht beabsichtigt sei. Da das BVerwG eine klare Grundlage für die weitere Gesetzesanwendung formuliert hat, sind die Satzungen der Landkreise und kreisfreien Städte über die Erhebung der Jagdsteuer entsprechend anzupassen. Unbeschadet der in eigener Zuständigkeit vorzunehmenden Satzungsänderung ist bei nicht verpachteten Eigenjagdbezirken eine weitere Heranziehung der Gemeinden zur Jagdsteuer nicht mit höherrangigem Recht vereinbar.
Aus der Entscheidung des BVerwG lässt sich weiter ableiten, dass für nicht verpachtete staatliche Eigenjagdbezirke gleichfalls keine Jagdsteuerpflicht mehr besteht. Der Landes-betrieb Landesforsten Rheinland-Pfalz nimmt das Jagdrecht in einem erheblichen Teil des Staatswaldes selbst durch eigenes Personal wahr (LT-Drs. 16/2278), um auf diesem Wege der gesetzlichen Verpflichtung zu einer vorbildlichen Wildbewirtschaftung Rechnung zu tragen. Insoweit ergeben sich für den Landesbetrieb Landesforsten erhebliche positive Auswirkungen hinsichtlich der Entrichtung der Jagdsteuer.
Einnahmen, die bei nicht verpachteten staatlichen und kommunalen Eigenjagdbezirken über die Vergabe von entgeltlichen Jagderlaubnisscheinen und Pirschbezirken sowie über die entgeltliche Teilnahme an Gesellschaftsjagden erzielt werden, unterfallen nicht der Jagdsteuer (Schreiben des Innenministeriums vom 10.10.2013 an den Landkreistag bezogen auf die diesbezüglichen Einnahmen von Landesforsten). Für eine derartige Besteuerung existiert im KAG keine Rechtsgrundlage. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG stellt auf die Ausübung des Jagdrechts im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 LJG ab. Jagdgäste sind nach § 16 Abs. 2 LJG ausdrücklich keine jagdausübungsberechtigten Personen.
Nicht verpachtete gemeinschaftliche Jagdbezirke
Das BVerwG (Urteil vom 27.06.2012, Az.: 9 C 10/11) hat festgestellt, dass Jagdgenossen-schaften als öffentlich-rechtliche Körperschaften zur Jagdsteuer herangezogen werden können, wenn sie ihren gemeinschaftlichen Jagdbezirk nicht verpachten, sondern das Jagdrecht selbst wahrnehmen. Dies kommt auch dann in Betracht, wenn der Jagdbezirk nur während eines Zwischenzeitraums unverpachtet bleibt und ein steuerpflichtiger Jagdpächter daher lediglich vorübergehend nicht vorhanden ist. Der Jagdsteuerpflicht steht nicht entgegen, dass Jagdgenossenschaften, wie Inhaber von Eigenjagdbezirken, im Falle der Nichtverpachtung gesetzlich verpflichtet sind, den Steuertatbestand, nämlich die Ausübung des Jagdrechts, zu erfüllen.
Jagdgenossenschaften unterliegen im Unterschied zu Gemeinden keiner Gemeinwohlbindung, welche über die alle Jagdausübungsberechtigten gleichermaßen treffenden jagdrechtlichen Pflichten hinausgeht. Zwar hat die Jagdgenossenschaft selbst als verfasste Körperschaft keinen persönlichen Lebensbereich, dem die Ausübung des Jagdrechts dienen könnte. Anders liegt es nach Auffassung des BVerwG jedoch bei den Jagdgenossen (vgl. auch VG Freiburg, Beschluss vom 29.04.2010, Az.: 1 K 103/10). Als Eigentümer der im gemeinschaftlichen Jagdbezirk zusammengefassten Grundflächen haben sie einen engen Bezug zur Ausübung des Jagdrechts. Beschließen die Jagdgenossen auf Jagdpachteinnahmen zu verzichten und das Jagdrecht selbst wahrzunehmen, wird wirtschaftlich betrachtet Einkommen der Jagdgenossen für deren persönlichen Lebensbedarf verwendet. Danach stellt sich die Wahrnehmung des Jagdrechts durch die Jagdgenossenschaft als Einkommensverwendung dar, ohne dass es darauf ankommt, ob es objektiv möglich gewesen wäre, den Jagdbezirk durchgängig zu verpachten.
Im Rahmen der Erhebung der Jagdsteuer für nicht verpachtete gemeinschaftliche Jagdbezirke wird, gleichermaßen wie für nicht verpachtete private Eigenjagdbezirke, gemäß § 1 Abs. 2 KAVO eine fiktive Jahresjagdpacht ermittelt. Dabei sind alle pachtpreisrelevanten Faktoren heranzuziehen.
Verpachtete Eigenjagdbezirke und verpachtete gemeinschaftliche Jagdbezirke
Bei verpachteten Jagdbezirken wird nach § 1 Abs. 1 KAVO die Jagdsteuer grundsätzlich nach der Jahresjagdpacht bemessen. Liegt die Jahresjagdpacht im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Jagdpachtvertrags um mehr als 20 v. H. unter dem Pachtpreis, der sich aus dem Durchschnitt der Pachtpreise ergibt, die für vergleichbare Jagdbezirke im Gebiet des Steuergläubigers während der drei dem Steuerjahr vorausgegangenen Jahre gezahlt worden sind, so gilt dieser Pachtpreis als Jahresjagdpacht.
Das OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 02.07.2002, Az.: 6 A 10843/02) hat entschieden, dass das Abstellen auf eine Durchschnittsjagdpacht im Gegensatz zu der tatsächlich entrichteten Jagdpacht bei einer beachtlichen Abweichung im Einklang mit § 6 Abs. 1 und 3 KAG sowie mit sonstigem höherrangigem Recht steht. Hinsichtlich der Frage, ob Jagdbezirke vergleichbar sind, steht dem Steuergläubiger nach Auffassung des VG Trier (Urteil vom 14.02.2013, Az.: 2 K 101/12), ein Beurteilungsspielraum zu, also ein Raum für eine fachliche Beurteilung innerhalb einer gewissen Bandbreite. Der Beurteilungsspielraum ist gerichtlich nur dahingehend zu überprüfen, ob sich die Entscheidung an sachgemäßen Kriterien orientiert hat oder zu einem unvertretbaren Ergebnis gekommen ist. Nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen müssen die Jagdbezirke im Wesentlichen „vergleichbar“ sein, was einzelne Unterschiede gerade impliziert.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 KAVO kommt die Durchschnittsjagdpacht u. a. dann nicht zur Anwendung, wenn nachgewiesen wird, dass ein höherer Pachtpreis nicht erzielt werden konnte. Dieser Nachweis gilt als erbracht, wenn die Verpachtung öffentlich ausgeschrieben war und kein höheres Gebot vorlag.
Bei verpachteten Eigenjagdbezirken und verpachteten gemeinschaftlichen Jagdbezirken ist der Jagdpächter Steuerschuldner der Jagdsteuer. In den Jagdsteuersatzungen wird in der Regel eine Jagdsteuerhaftung des Verpächters festgelegt. Insoweit können die Gemeinden, auch vor dem Hintergrund der dargestellten Entscheidung des BVerwG vom 27.06.2012, im Rahmen einer bestehenden Steuerhaftung zur Jagdsteuer herangezogen werden (Schreiben des Innenministeriums vom 04.09.2013 an den Gemeinde- und Städtebund).
Der Muster-Jagdpachtvertrag des Gemeinde- und Städtebundes sieht in § 5 Abs. 7 vor, dass der Jagdpächter die Jagdsteuer in vollem Umfang trägt. Als Sicherheit zur Erfüllung aller Verpflichtungen und Verbindlichkeiten aus dem Vertrag hat der Pächter eine unbefristete selbstschuldnerische Bankbürgschaft eines inländischen Kreditinstitutes in Höhe des jährlichen Pachtpreises beim Verpächter mit Beginn der Pachtzeit zu hinterlegen.
Quelle: Gemeinde und Stadt Dezember 2013