Jagdgenossenschaft Oelsberg-Endlichhofen: Erfahrungen mit der Eigenbewirtschaftung nach 10 Jahren Laufzeit (GuSt Oktober 2014)

Jagdgenossenschaft Oelsberg/Endlichhofen: Erfahrungen mit der Eigenbewirtschaftung nach 10 Jahren Laufzeit (GuSt Oktober 2014)

Die Jagdgenossenschaft Oelsberg/Endlichhofen in der Verbandsgemeinde Nastätten konnte im Jahre 2005 keinen Jagdpächter für ihren Jagdbezirk finden. Aus der Not heraus entschloss man sich damals, die Jagd in Eigenbewirtschaftung zu betreiben (siehe Gemeinde und Stadt 10/2007). Mittlerweile blickt man in Oelsberg/Endlichhofen auf 10 Jahre Praxiserfahrung zurück, und die Eigenbewirtschaftung hat sich in als echte Alternative zur Verpachtung erwiesen.

Zur Ausgangslage: Die Reviergröße beträgt 620 ha bejagbare Fläche, davon 177 ha Wald; Futtermaisanbau; trotz ländlicher Lage vergleichsweise hoher Besucherverkehr; Wildarten: Rehwild, Schwarzwild, selten Rotwild, wenig sonst. Niederwild; geringe Feldwildschäden. Auch das ursprüngliche Konzept läuft in der ursprünglich beschriebenen Form weiter.

Innerhalb des Jagdreviers Oelsberg/Endlichhofen werden Begehungsscheine vergeben, die zur Erlegung von sechs Stück Schalenwild zur Eigenverwertung berechtigen. Jedes Stück Wild, das darüber hinaus von dem Jagdaufseher oder Gästen auf Gesellschaftsjagden erlegt wird, wird zugunsten der Jagdgenossenschaft überwiegend küchenfertig verkauft. Die gemachten Erfahrungen basieren demnach auf dieser seit 2005 bestehenden Grundkonzeption.

In den letzten Jahren hat sich eine Arbeitsteilung zwischen einem „Jagdaufseher”, der viele praktische Dinge im Revier erledigt und auch die Informationsfäden bündelt und mir, als forstlichem Revierleiter als Ansprechpartner gegenüber Behörden und Verbänden, entwickelt. Der „Jagdaufseher” ist Rentner und frei in seiner Zeitplanung.  Auch die Tatsache, dass er in Oelsberg wohnt und dort meist erreichbar ist, erleichtert es ihm, die Informationen, die für einen erfolgreichen Jagdbetrieb wichtig sind, zu bündeln. Im Herbst bedeutet dies z.B. die Organisation von Jagdgesellschaften, die bei der Maisernte bereitstehen, um Schwarzwild zu erlegen.

Ferner ist es von großer Bedeutung, die Jagderlaubnisscheininhaber in gewisser Weise zu betreuen und unterstützend tätig zu sein, denn im Revier Oelsberg/Endlichhofen gehen auch Jäger ihrem Hobby nach, die aus Altersgründen kein Revier mehr pachten würden.

Zu Beginn unserer Eigenbewirtschaftung befürchtete man, dass es schwierig sein würde, Jagderlaubnisscheine zu vergeben, jedoch konnten wir die Begehungsscheine bislang immer ohne Werbemaßnahmen oder Ausschreibungen vergeben und mittlerweile begleiten zwei Begehungsscheininhaber unser Konzept seit Anbeginn an.

Die Änderung der Jagdgesetzgebung 2010 hat uns in diesem Zusammenhang noch mehr Freiheiten zugestanden. So können wir mehr Personen an der Jagd beteiligen und vergeben nunmehr noch sog. „halbe Scheine”, die die Erlegung von drei Stücken Schalenwild ermöglicht. Dennoch erfordert es der Jagdbetrieb, die Zahl der jagenden Personen in Grenzen zu halten und so jagen derzeit sieben Personen mit unterschiedlicher Intensität auf der Fläche. Dabei wollen wir es belassen, denn bei größerer Jägerzahl steigt der Jagddruck und der Erfolg sinkt.

Wichtiger Bestandteil im Jahresverlauf sind die Gesellschaftsjagden. Einmal im Jahr richten wir eine große Gesellschaftsjagd aus, bei der wir ca. 40 Schützen einsetzen und mit Treibern und Hunden die Dickungskomplexe, die in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, intensiv bejagen. Treffpunkt und Platz zum „Strecke legen” befinden sich in der Ortsmitte von Oelsberg.

Ganz bewusst wollen wir die Jagd wieder in den Mittelpunkt der Ortsgemeinde bringen und an diesem Tag deutlich machen, dass die Bejagung der genossenschaftlichen Fläche ein wichtiger Bestandteil der Landschaftsnutzung wie der Wildschadensabwehr ist. Diese Überlegung ging nach unserer Einschätzung auf, denn einige Bürger wären heute enttäuscht, wenn sie das Streckelegen und Verblasen der Strecke versäumten. Ganz bewusst halten wir die Regeln des jagdlichen Brauchtums in diesem Rahmen ein, um sowohl unseren Jagdgästen als auch den „Zaungästen” ein angenehmes Bild zu bieten.

Selbstverständlich sind hierbei die Grenzen der Wildbrethygiene zu beachten und so wird erlegtes Wild aus dem Vormittag zunächst gekühlt und gegebenenfalls wird bei hohen Temperaturen auf das Legen der gesamten Strecke verzichtet. Der Wildbrethygiene gilt die besondere Aufmerksamkeit auch deshalb, weil ein sehr großer Teil der Jagdstrecke innerhalb des Dorfes verkauft werden kann. Im Dorfgemeinschaftshaus wurden Kühltruhen aufgestellt, die im Laufe des Herbstes gefüllt werden, um den Haushalten ein regionales Produkt in küchenfertiger Form anbieten zu können.

Zur Förderung des Absatzes wurden in den letzten Jahren Wildkochkurse abgehalten, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Die regelmäßigen Einladungen zur Treibjagd in Oelsberg haben aber über den landeskulturellen Aspekt eine Bedeutung im Zusammenhang mit der Einbindung innerhalb der Jägerschaft der Umgebung. Zu Beginn der Eigenbewirtschaftung wurde diese gerade von der organisierten Jägerschaft sehr kritisch bewertet.

In den letzten Jahren konnten hier aber Berührungsängste abgebaut werden, und die Zusammenarbeit über Reviergrenzen hinweg und auch innerhalb der jagdlichen Organisation hat sich normalisiert, man akzeptiert das Modell als einen Weg, mit geringerem Zeit- und Finanzaufwand weiterhin jagen zu können.

Das veränderte Freizeitverhalten der Bevölkerung wie auch der demographische Wandel beeinflussen auch den Jagdbetrieb. Die Zahl derer, die ihre Freizeit ganz dem jagdlichen Hobby unterordnen, sinkt. Die berufliche Situation oder andere Interessengebiete konkurrieren mit dem zeitintensiven Thema Jagd.

Viele Jagdscheininhaber, die aufgrund ihres Alters über freie Zeit verfügen, können aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht mehr so intensiv jagen, wie es ein eigenes Revier erfordert. Über diese Beobachtungen täuscht auch die zunehmende Zahl an Jagdscheininhabern in Rheinland-Pfalz nicht hinweg. Insofern kann mit der Organisation einer Eigenbewirtschaftung mit Begehungsscheinen ein Markt für Jagdgelegenheiten bedient werden, der augenscheinlich wächst.

Die Wildschadenssituation im Jagdbezirk Oelsberg/Endlichhofen unterscheidet sich nur gering von anderen Revieren der Region – zumindest, was den Wald angeht. Hier führen Rücksichtnahmen auf die Begehungsscheininhaber zu gewissen Effizienzverlusten. Bei der Jagd auf Schwarzwild hingegen setzen wir ganz konsequent auf den Erfolg unserer Gesellschaftsjagden. Schwarzwild wird im Wald nur dann bejagt und ansonsten dort geschont. Besonders auf die Jagd an der Kirrung verzichten wir bewusst, ja wir unterhalten weder Kirrung noch Fütterung. Im Feld hingegen wird so scharf als irgend möglich auf Schwarzwild gejagt und im Zuge der Raps- und Maisernte werden sooft wie möglich kleine Jagdgesellschaften aus dem regionalen Kreis der Jäger zusammengestellt, um möglichst viele Sauen zu erlegen.

Der finanzielle Erfolg unseres Modells schwankt. Neben der „Basiseinnahme” der Begehungsscheine spielt der Wildbretverkauf und die zu begleichenden Wildschäden eine wichtige Rolle beim wirtschaftlichen Ergebnis und diese Faktoren sind naturgemäß schwankend. Wichtig ist jedoch, dass sich unser Modell in finanzieller Hinsicht mit den Pachterlösen einiger Reviere der Region messen lassen kann und dass das Risiko entfällt, das sich aus einer Wildschadensdeckelung bei Jagdverpachtung ergeben kann. Die Deckelung des Wildschadensausgleichs kann nämlich zu sinkendem jagdlichen Engagement führen und das kann sich ein eigenbewirtschaftetes Revier nicht leisten.

Gleichwohl steigen die Probleme mit Wildschäden im Feld auch bei uns – das Revier ist nicht vom überall zu beobachtenden Trend abgekoppelt. Es gilt, die jagdlichen Anstrengungen zu erhöhen. Auch das sich ausbreitende Rotwild umgeht das Revier Oelsberg/Endlichhofen nicht, sondern hat Schäden im Wald hinterlassen. In der Folge hat jeder, der in Oelsberg/Endlichhofen jagt, Rotwild in den gesetzlichen und behördlich gesetzten Grenzen zum Abschuss frei – es gibt keine Hierarchie unter unseren Jägern, die die Erlegung z.B. eines Trophäenträgers blockieren könnte.

In den vergangenen Jahren bot sich einige Gelegenheit, das in Oelsberg/Endlichhofen praktizierte Modell der Eigenbewirtschaftung in anderen Gemeinden vorzustellen. In einem Fall nutzte man diesen Weg, um für die Suche nach einem Pächter für das Revier Zeit zu gewinnen, im anderen Fall bewirtschaftet man im benachbarten Hessen ein Hochwildrevier in ähnlicher Weise. Was aus etlichen Beratungsgesprächen konkret geworden ist, entzieht sich unserer Kenntnis, jedoch war das Interesse aus allen Regionen des Landes spürbar.

Als Fazit gilt es festzuhalten, dass die Eigenbewirtschaftung ein Weg ist, die Jagd zu betreiben – neben dem Weg der Verpachtung.

Man hat seitens der Gemeinde oder Jagdgenossenschaft als Verantwortlicher die Fäden in der Hand und kann viele Dinge konkret regeln, die im Rahmen eines Pachtverhältnisses entweder gar nicht auftreten, weil sie durch den Pächter geregelt werden oder man sieht sich im Rahmen eines Pachtverhältnisses mit Schwierigkeiten konfrontiert, die man bei der Eigenbewirtschaftung nicht kennt (z.B. Pachtminderungsanträge nach Störungen durch hohen Besucherdruck).

Vor allem aber sind engagierte Personen vor Ort erforderlich, die im Revier aktiv sind. Die Bemühungen des oben erwähnten Jagdaufsehers können nicht hoch genug bewertet werden. Auf alle Fälle erfordert dieses Modell gemeinschaftliches Handeln auf gemeinschaftlichen Flächen: Eine Aufgabe in Bezug auf Abstimmung, Diplomatie und gegenseitigen Respekt!

Diese Aufgabe ist schwerer zu lösen als der reine Jagdbetrieb, beschert aber den Beteiligten bei Erfolg durchaus eine besondere Form der Bestätigung.


Quelle: Gemeinde und Stadt Oktober 2014