Jagdgenossenschaften in Rheinland-Pfalz
Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdgenossenschaft. Im gemeinschaftlichen Jagdbezirk steht der Jagdgenossenschaft die Wahrnehmung des Jagdrechts zu.
Ihre Hauptaufgabe ist es, den gemeinschaftlichen Jagdbezirk im Interesse der Jagdgenossen zu verwalten, seine Nutzung sicherzustellen sowie für den Ersatz des den Jagdgenossen entstehenden Wildschadens zu sorgen. Gerade im ländlichen Raum kommt den Jagdgenossenschaften eine wichtige Rolle zu.
Rechtscharakter der Jagdgenossenschaft
Die Jagdgenossenschaft teilt hinsichtlich ihrer Entstehung und ihres Untergangs das rechtliche Schicksal des gemeinschaftlichen Jagdbezirks gemäß § 10 LJG. Im Detail bedeutet dies:
- Wenn ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk neu entsteht, so entsteht gleichzeitig kraft Gesetzes die entsprechende Jagdgenossenschaft. Eines besonderen Errichtungsaktes bedarf es nicht.
- Wenn ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk untergeht (z.B. wegen Unterschreitung der Mindestgröße oder wegen der vollständigen Zusammenlegung von Gemeinden), so geht auch die Jagdgenossenschaft unter.
- Wenn ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk nach § 10 Abs. 3 LJG geteilt wird, so wird die bisherige Jagdgenossenschaft aufgelöst und mehrere neue Jagdgenossenschaften entstehen
- Wenn Grundflächen an einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk angegliedert werden, so wird die Jagdgenossenschaft entsprechend größer.
§ 11 Abs. 1 Satz 1 LJG begründet eine Pflichtmitgliedschaft der Eigentümer bejagbarer Grundstücke in der Jagdgenossenschaft. Kraft Gesetzes, d.h. unabhängig vom individuellen Willen, gehören die betroffenen Grundstückseigentümer der Jagdgenossenschaft an. Eines formalen Eintrittsaktes bedarf es nicht, ein Austritt ist nicht möglich.
Durchgängiger Tenor der Rechtsprechung ist, dass die Pflichtmitgliedschaft kleinerer Grundstückseigentümer in der Jagdgenossenschaft nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. In der Abwägung sind die Ziele des Gemeinwohls höher zu gewichten als die Beeinträchtigung des einzelnen Eigentümers, die Jagd auf seinem Grund und Boden zu dulden. Die flächendeckende Bejagung ist durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt und berücksichtigt auch den Schutz der Rechtsgüter aller anderen Jagdgenossen. Ein angemessener Ausgleich für die Einschränkung des Eigentums ist in den Mitwirkungsrechten in der Jagdgenossenschaft sowie im Reinertragsanspruch zu sehen.
Für die Rechtsnatur der Jagdgenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 11 Abs. 1 Satz 1 LJG) spricht ihre Entstehung kraft Gesetzes, die Pflichtmitgliedschaft, die Wahrnehmung bestimmter öffentlich-rechtlicher Aufgaben sowie die Staatsaufsicht. Die Jagdgenossenschaft ist rechtsfähig und damit Trägerin von Rechten und Pflichten. Sie verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften selbstständig. Die Staatsaufsicht ist eine reine Rechtsaufsicht, die sich darauf beschränkt, dass die Jagdgenossenschaft ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt und dass sich ihre Tätigkeit im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften vollzieht. Die Bestimmungen der Gemeindeordnung über die Staatsaufsicht gelten sinngemäß.
Die Jagdgenossenschaft regelt im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts ihre Angelegenheiten durch Erlass einer Satzung. § 11 Abs. 2 Satz 5 LJG schreibt die Pflicht zum Erlass einer Satzung vor. Die Satzung und ihre Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Wird die Mustersatzung der obersten Jagdbehörde übernommen, ist statt der Genehmigung lediglich die Anzeige erforderlich.
Umlageforderungen der Jagdgenossenschaft ergehen als Hoheitsakte, die gemäß § 11 Abs. 6 LJG nach den Bestimmungen des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckt werden. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Jagdgenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts und den einzelnen Jagdgenossen sind öffentlichrechtlicher Natur.
Jagdgenossenschaft und Gemeinde
In Rheinland-Pfalz ist die enge Verbindung zwischen den Jagdgenossenschaften und den Gemeinden charakteristisch. Die Kommunen besitzen allein über ihr Waldeigentum im Regelfall Eigenjagdbezirke, auf deren selbstständige Nutzung sie aber überwiegend verzichten (§ 9 Abs. 5 LJG). Dies dient den Interessen der Jagdgenossenschaften, da die jagdlich wertvollen Waldflächen die gemeinschaftlichen Jagdbezirke deutlich aufwerten.
In der Konsequenz verfügt die Gemeinde in einer Vielzahl von Fällen über die größte Grundfläche in der Jagdgenossenschaft und der Ortsbürgermeister nimmt das Amt des Jagdvorstehers wahr oder wirkt zumindest im Jagdvorstand mit. Die Verwaltungsgeschäfte der Jagdgenossenschaft sind vielerorts auf die Gemeinde übertragen (§ 11 Abs. 7 LJG). Nicht ausgezahlte Reinertragsanteile, welche die Jagdgenossen für den Wirtschaftswegebau zur Verfügung stellen, werden auf die beitragsfähigen Aufwendungen und Kosten nach § 11 KAG angerechnet.
Die vielfältigen Verknüpfungen zwischen Jagdgenossenschaften und Gemeinden dürfen allerdings nicht verdecken, dass es sich bei der Jagdgenossenschaft um eine völlig eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt. Im gemeinschaftlichen Jagdbezirk ist allein die Jagdgenossenschaft als Träger der aus dem Jagdrecht entspringenden Rechte und Pflichten anzusehen.
Die Zahl der gemeinschaftlichen Jagdbezirke und demgemäß auch der Jagdgenossenschaften in Rheinland-Pfalz wird seitens der Landesregierung mit 2.365 angegeben (LT-Drs. 15/3030). Die einzelnen Jagdgenossenschaften setzen sich im Vergleich zu anderen Bundesländern aus einer Vielzahl von Jagdgenossen zusammen. Als Folge der Realteilung handelt es sich bei den Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, nämlich häufig um Klein- und Kleinstflächen.
Weit überwiegend haben die Jagdgenossenschaften im Land heute mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Einladungen zu Jagdgenossenschaftsversammlungen stoßen vor Ort kaum auf Resonanz, die Bereitschaft zum Engagement in den Jagdvorständen sinkt, die Überalterung der handelnden Personen nimmt zu. Ohne kommunales Engagement wäre vielerorts die Handlungsfähigkeit der Jagdgenossenschaften nicht mehr gewährleistet.
Fachbeirat „Forst und Jagd“ des Gemeinde- und Städtebundes
Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Landesjagdgesetz vom 9.7.2010 das Ziel, die Eigenverantwortung der Grundeigentümer zu stärken. Um diesem Anspruch in der Realität näher zu kommen, ist begleitend zum neuen Gesetz ein fachliches Informations- und Beratungsangebot etabliert worden. Der Gemeinde- und Städtebund hat zur Unterstützung der Kommunalverwaltungen und der ehrenamtlich tätigen Ortsbürgermeister und Jagdvorsteher zum Jahresbeginn 2011 den Fachbeirat „Forst und Jagd“ ins Leben gerufen.
Die Resonanz ist äußerst positiv. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sind über 50 Verbandsgemeinden und Städte dem Fachbeirat beigetreten. Im Regelfall erwirbt eine Verbandsgemeinde die Mitgliedschaft für alle Jagdgenossenschaften, deren Verwaltungsgeschäfte sie führt, sowie für kommunale Eigenjagdbezirke, die selbstständig genutzt werden. In Abhängigkeit von der Anzahl der Jagdgenossenschaften und kommunalen Eigenjagdbezirke wird eine Beitragsstaffelung vorgenommen. Die Refinanzierung dieses Mitgliedsbeitrags kann vor Ort, in der Regel über die Jagdgenossenschaften, erfolgen.
Zentrale Dienstleistung im Rahmen des Fachbeirats ist die Beratung vor Ort (vgl. „Gemeinde und Stadt“, Heft 1/2011; siehe unter Fachbeirat Forst und Jagd). Die Aufgabe wird von Georg Bauer, Forstbeamter des höheren Dienstes, wahrgenommen, der seitens des zuständigen Ministeriums dem Gemeinde- und Städtebund für drei Jahre zugewiesen wurde.
Aus kommunaler Sicht ist von großer Bedeutung, dass die Chancen, die das neue Landesjagdgesetz für Gemeinden und Jagdgenossenschaften mit sich bringt, von Beginn an konsequent genutzt werden. Die Reaktionen aus der kommunalen Praxis zeigen, dass hierzu vielerorts besondere Hilfestellungen erforderlich und gewünscht sind. Die bewährte Kooperation (in personeller und finanzieller Hinsicht) zwischen Ortsgemeinden und Jagdgenossenschaften wird auf diesem Wege gefestigt.
Der Gemeinde- und Städtebund appelliert und bittet, das neue Dienstleistungsangebot im Rahmen des Fachbeirates „Forst und Jagd“ zu nutzen!
Aufsatz aus Gemeinde und Stadt Oktober 2011
Autor: Dr. Stefan Schaefer
Referent im Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz