Grundflächenverzeichnis für die Jagdgenossenschaft
Für die Feststellung der Flächenstimmen der Jagdgenossen in der Genossenschaftsversammlung sowie die Berechnung deren Anteile am Ertrag bedarf es eines aktuellen und gewissenhaft geführten Grundflächenverzeichnisses oder Genossenschaftskatasters.
Der Gemeinde- und Städtebund hat die Entwicklung eines EDV-Systems initiiert, das dabei hilfreiche Dienste leisten und moderne Informationstechnologie für die Verwaltung der Jagdgenossenschaften nutzbar machen soll.
Gesetzliche Grundlagen und Anforderungen
Die Jagdgenossenschaften werden in § 7 Abs. 4 Nr. 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Landesjagdgesetzes (LJGDVO) sowie in § 13 Abs. 2 Nr. 2 der Mustersatzung für Jagdgenossenschaften (Anlage 1 zur Verwaltungsvorschrift zum Landesjagdgesetz) zur Führung eines Grundflächenverzeichnisses verpflichtet.
Für jede Grundfläche des Jagdbezirks muss eine Feststellung über die Bejagbarkeit getroffen werden, da nach dem Landesjagdgesetz (LJG) Eigentümer von Grundflächen, auf denen die Jagd ruht, der Jagdgenossenschaft nicht angehören (§ 11 Abs. 1 LJG). Darunter fallen regelmäßig die bebauten Siedlungsflächen mit Haus- und Hofräumen sowie Hausgärten und ggf. weitere Flächen.
Das Grundflächenverzeichnis muss außerdem Auskunft geben über die Größe der bejagbaren Fläche des Jagdbezirks sowie den Flächenanteil jedes einzelnen Jagdgenossen. Nach § 11 Abs. 4 LJG bedürfen nämlich die Beschlüsse der Jagdgenossenschaft der doppelten Mehrheit, d.h. neben der Stimmenmehrheit auch der Flächenmehrheit der abstimmenden Jagdgenossen. Die obligatorische Niederschrift über den Ablauf einer Genossenschaftsversammlung muss für die einzelnen Beschlüsse das Abstimmungsergebnis hinsichtlich Personen- und Flächenstimmen protokollieren (§ 5 Abs. 5 Mustersatzung für Jagdgenossenschaften).
Außerdem richten sich die Anteile der einzelnen Jagdgenossen an Nutzungen und Lasten der Jagdgenossenschaft, insbesondere der anteilige Reinertrag, jeweils nach der Größe der bejagbaren Grundfläche im Jagdbezirk (vgl. § 12 Abs. 2 LJG und § 15 Abs. 1 Mustersatzung für Jagdgenossenschaften). Die Verpflichtung der Jagdgenossenschaft, ein Grundflächenverzeichnis anzulegen und zu führen, wird durch die einschlägige Rechtsprechung bestätigt. Erst dadurch werde es der Jagdgenossenschaft möglich, einen Überblick über den Jagdbezirk zu gewinnen und bei Zweifeln hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse in der Jagdgenossenschaftsversammlung auf eine Kontrolle zurückgreifen zu können (OVG Nordrhein-Westfalen, 17. 9.1985 und VG Minden, 24.1.1986).
Wegen der dargestellten grundsätzlichen Bedeutung für die Ausübung der Rechte der Jagdgenossen muss das Grundflächenverzeichnis nach seiner Aufstellung oder Änderung zur Einsichtnahme ausgelegt werden (§ 15 Abs. 2 Mustersatzung für Jagdgenossenschaften). Dadurch ist den einzelnen Jagdgenossen Möglichkeit gegeben, die sie betreffenden Einträge zu prüfen und Einspruch gegen eventuelle Unrichtigkeiten zu erheben.
Aufstellung, Führung und Pflege
Die erforderlichen Katasterdaten über die Grundflächen und die Eigentumsverhältnisse können durch die Jagdgenossenschaft bei der Vermessungs- und Katasterverwaltung angefordert werden. Diese („Roh-“) Daten nehmen jedoch noch keine Abgrenzung der bejagbaren Flächen vor. Darüber hinaus können die Grenzen des jeweiligen Jagdbezirks von den vorgegebenen Gemarkungsgrenzen abweichen, z.B. falls Abrundungen durch die Jagdbehörden erfolgt sind. Die Hauptaufgabe bei der Erstellung eines Grundflächenverzeichnisses besteht folglich in der Abgrenzung der einzelnen Grundflächen nach der Bejagbarkeit (bejagbare und nicht bejagbare Flächen) und der Überprüfung der korrekten und vollständigen Erfassung der Grundflächen entlang der Jagdbezirksgrenzen.
Dabei gelingt die Abgrenzung der Grundflächen meist einfach und schnell in der freien Flur (landwirtschaftliche Flächen und Wald, i.d.R. bejagbare Flächen) und innerhalb der Siedlungsflächen (i.d.R. „Befriedete Bezirke“ kraft Gesetz, d.h. nicht bejagbare Flächen). Deutlich schwieriger fällt es dagegen in den Übergangsbereichen dazwischen. In manchen Fällen kann die Abgrenzung sogar durch ein Flurstück verlaufen, wenn sich nur Teilbereiche als bejagbar herausstellen: Ein Flurstück in Siedlungsrandlage mit nur teilweiser Bebauung, Hausgarten und sich zur Feldflur anschließender Streuobstwiese ist i.d.R. aufzuteilen in einen nicht bejagbaren Teil (Bebauung und Hausgarten als befriedete Bezirke) und eine bejagbare Teilfläche (Streuobstwiese), die in das Grundflächenverzeichnis der Jagdgenossenschaft aufzunehmen ist. Darüber hinaus können weitere Grundflächen als befriedete Bezirke und damit als nicht bejagbare Flächen gelten oder dazu erklärt werden (vgl. § 8 Abs. 2 und 3 LJG).
Die laufende Führung und Pflege des Grundflächenverzeichnisses beschränkt sich im Wesentlichen auf die Aktualisierung der Eigentümerverhältnisse (Grundflächenverkehr, Erbfälle etc.), in weniger häufigen Fällen werden Änderungen der Abgrenzung der bejagbaren Fläche erforderlich sein (z.B. Bebauung von Neubaugebieten, Befriedung einzelner Grundflächen durch die Jagdbehörden) oder gar des Jagdbezirks (Abrundungen durch die Jagdbehörden). Nach jeder Änderung des Grundflächenverzeichnisses, spätestens jedoch vor einer nachfolgenden Genossenschaftsversammlung, sollte die rechtzeitige Auslegung zur Einsichtnahme durch die Jagdgenossen erfolgen. Nur dann kann das Grundflächenverzeichnis gültig festgestellt vorliegen, seinem Zweck gerecht werden und zu reibungslosen Abläufen in der Jagdgenossenschaft beitragen.
Elektronische Jagdkataster
Das Erstellen und Führen eines Grundflächenverzeichnisses stellt die Jagdgenossenschaften vielerorts vor erhebliche Probleme. Nicht selten bestehen deutliche Mängel hinsichtlich der Vollständigkeit und der Aktualität der Daten. Der GStB hat vor diesem Hintergrund über seinen Fachbeirat „Forst und Jagd“ die Entwicklung eines EDV-Systems zur zeitgemäßen Aufstellung und Führung eines Grundflächenverzeichnisses initiiert. Dieses soll den Mitgliedern des GStB ab Sommer 2012 zur Verfügung stehen.
Dabei handelt es sich um eine serverbasierte Anwendung, die auf die aktuellen Katasterdaten des Landesvermessungsamtes als Grundlage zugreift. Die schon erwähnte Abgrenzung der bejagbaren Flächen und die Überprüfung der Jagdbezirksgrenze, die grundsätzlich vor Ort erfolgen müssen, werden unter Zuhilfenahme von Luftbildkarten erheblich erleichtert. Eine örtliche Inaugenscheinnahme einzelner Grundstücke dürfte dadurch nur noch ausnahmsweise in besonders schwierigen Fällen erforderlich sein.
Eine Aktualisierung der Katasterdaten, d.h. auch die Eigentumsverhältnisse an den einzelnen Grundflächen des Jagdbezirks, erfolgt automatisch durch die Übernahme der jeweils aktuellen Katasterdaten des Landesvermessungsamtes. Änderungen hinsichtlich der Bejagbarkeit der Grundflächen sowie des Zuschnitts des Jagdbezirks müssen dagegen nach wie vor örtlich in das EDV-System übernommen werden.
Neben dem eigentlichen Grundflächenverzeichnis soll das EDV-Programm Hilfestellung für typische Anwendungen des Grundflächenverzeichnisses bieten. Ein „Versammlungsassistent“ soll für Genossenschaftsversammlungen einen schnellen Überblick über Stimmverhältnisse und erleichterte Anfertigung der Niederschrift leisten, ein „Kassenassistent“ Planung und Führung des Haushalts, Fertigung der Jahresrechnung und eine automatisierte Aufstellung von Auskehrungs- und Umlagelisten ermöglichen.
Letztlich steht darüber hinaus mithilfe des Programmes eine jederzeit aktuelle, flurstückscharfe Karte des Jagdbezirks zur Verfügung, welche sogar mit Luftbildern hinterlegt werden kann. Im üblichen Verkehr mit Jagdpächtern, insbesondere im Zusammenhang mit dem Jagdpachtvertrag (erforderlicher Lageplan des Jagdbezirks, Teilverpachtung von „Jagdbögen“) dürfte das von zusätzlichem Nutzen sein, die Rechtssicherheit erhöhen und einen professionellen Eindruck hinterlassen.
Aufsatzt aus Gemeinde und Stadt Oktober 2011
Autor: Georg Bauer
Referent im Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz