Ausgangsbedingungen
Bereits im Jahr 1992 wurde im Landtag Rheinland-Pfalz eine Große Anfrage mit dem Titel „Die Problematik des Schalenwildes unter den Bedingungen des naturnahen Waldbaus“ diskutiert. Ergebnis: Die Wildbestände sind vielerorts zu hoch, um ohne Schutzmaßnahmen einen standortsangepassten Wald zu etablieren. Seither hat sich viel getan in Sachen Wald und Wild:
- 1997 wurde das grundsätzliche Fütterungsverbot eingeführt
- 2006 kam der Landesrechnungshof zum Schluss, dass sich die jährlichen Wald-Wildschäden in Rheinland-Pfalz auf ca. 20,6 Mio. € bilanzieren (für 2004)
- 2010 wurde das Landesjagdgesetz (LJG) novelliert, modernisiert und liberalisiert
- 2013 trat die Landesjagdverordnung (LJVO) vor dem Hintergrund des geänderten LJG in Kraft
Mit der Neugestaltung der gesetzlichen Regelungen zum Jagdwesen in Rheinland-Pfalz wurden vormalige Restriktionen für die Schalenwildbejagung abgebaut und die Einflussnahme der Grundeigentümer als Jagdrechtsinhaber gestärkt. Es fragt sich daher, wie sich dies auf die heutige Situation der Wald-Wildschäden ausgewirkt hat?
Ergebnisse 2018
Rückschlüsse hierzu liefert im jeweiligen Jagdbezirk die regelmäßig vom zuständigen Forstamt zu erstellende „Stellungnahme zum Einfluss des Schalenwildes auf das waldbauliche Betriebsziel“. Im Ergebnis ist das waldbauliche Ziel entweder „nicht gefährdet“, „gefährdet“ oder „erheblich gefährdet“, wonach die jährlich zu vollziehende Abschussplanung auszurichten ist.
Auf Basis der landesweiten Auswertung aller Ergebnisse in 2018 kann für die kommunalen Eigenjagdbezirke und gemeinschaftlichen Jagdbezirke festgehalten werden, dass auch acht Jahre nach der Jagdgesetznovellierung die aus dem Gesetz hervorgehenden Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden (vgl. §§ 2, 3 (2), 31 (1) LJG) vielerorts nur unzureichend Berücksichtigung finden. Lokal bereitet insbesondere das Rotwild große Sorgen. Auf 18 % der durch die Jagdbezirke repräsentierten Waldfläche lautete hier das Ergebnis „erheblich gefährdet“, weitere 29 % wurden als „gefährdet“ eingestuft. Aber auch in „rotwildfreien“ Bezirken mit Gemeindewald-Bezug ist ein vielfältiger und dadurch risikogeminderter Jungwald oftmals nur schwerlich ohne teure Schutzmaßnahmen zu etablieren. So kamen landesweit auf 60 % (!) der repräsentierten Waldfläche die Gutachten beim Rehwild zum Ergebnis „gefährdet“ (54 %) oder „erheblich gefährdet“ (6 %).
Die finanziellen Verluste infolge des Wildeinflusses für die kommunalen Forstbetriebe sind in ihrer Gesamtheit aufgrund der langfristigen Produktionsprozesse nur schwerlich abzuschätzen. Es darf in den allermeisten Fällen jedoch davon ausgegangen werden, dass die jährlichen Jagdpachteinnahmen zu deren Deckung nicht in vollem Umfang ausreichen.
Im Vergleich zu den Ergebnissen der Vergangenheit zeigt sich erfreulicherweise, dass in Jagdbezirken mit Gemeindewald-Bezug beim Rotwild eine Verbesserung der Wildschadenssituation festzustellen ist. Beim flächendeckend vorkommenden Rehwild hat sich demgegenüber jedoch seit 2009 kein adäquater Trend ergeben.
Am Rande: Im Vergleich dazu stehen staatliche Jagdbezirke bezüglich der Wald-Wild-Situation in der Regel besser da. Die Gründe können in anders ausgerichteten Eigentümerzielsetzungen vermutet werden. Diese werden im Staatswald auch im Fall der Verpachtung über die Ausgestaltung des Jagdpachtvertrages konsequent(er) verfolgt. In der Gesamtschau schneiden die nicht verpachteten staatlichen Jagdbezirke jedoch am besten ab.
Resümee und Ausblick
Die aktuelle Situation der Wald-Wildschäden ist in vielen Gemeindewäldern als angespannt zu beurteilen. Auch die Novellierung der jagdgesetzlichen Regelungen in 2010 hat hieran allem Anschein nach wenig geändert. Für die kommunalen Forstbetriebe stellt dies ein (zusätzliches) Problem dar. So sind die Auswirkungen der extremen Trockenheit in 2018 auf den Wald derzeit noch nicht in voller Höhe abzuschätzen. Es kann davon ausgegangen werden, dass in den nächsten Jahren noch viele weitere Bäume absterben oder vorzeitig genutzt werden müssen. Die entstehenden Freiflächen sind dann durch Naturverjüngung oder aktive Pflanzung wieder in Bestockung zu bringen. Entscheidend für den Erfolg und die Kosten dieser Maßnahmen ist zu einem großen Anteil die lokale Wald-Wild-Situation. Wohl dem, der in der Vergangenheit (jagdlich) vorgesorgt hat und unter dem Schirm des Altbestands eine neue Waldgeneration begründen konnte. Hier wurde viel Geld gespart! Zwar ist in diesem Zusammenhang die Höhe des Wildbestands nicht allein ausschlaggebend für den „Schadensdruck“, jedoch sollten sich die Waldeigentümer spätestens jetzt intensiv mit ihren waldbaulichen Zielen und der jagdlichen Situation vor Ort auseinanderzusetzen. Dabei wird es in der Praxis zur Minderung der Wildschäden entscheidend sein, gemeinsam mit den Jagdausübungsberechtigten an die örtlichen Verhältnisse angepasste Lösungswege zu finden. Dies kann in letzter Konsequenz in Form einer an den Eigentümerzielsetzungen orientierten Jagdverpachtung erfolgen oder auch durch die Wahrnehmung der Jagdausübung in Eigenregie.
Von Maximilian Hauck, Referent für Jagdrecht beim Gemeinde- und Städtebund RP