Unzureichende kommunale Finanzausstattung gefährdet Demokratie!


Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz (GStB) fordert das Land auf, die Finanzsituation der Gemeinden und Städte deutlich zu verbessern und den kommunalen Finanzausgleich unverzüglich neu aufzustellen. Die Berechnungen der Mindestfinanzausstattung müssen systemgerecht aufgestellt und kommunale Mehrbelastungen zeitnah berücksichtigt werden.

„In diesen Wochen werden die Schwächen des neuen Landesfinanzausgleichsgesetzes, das zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist und die Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen regelt verbunden mit der nahezu unbedingten Forderung nach einem Haushaltsausgleich, vor Ort deutlich spürbar. Dies hat massive Auswirkungen auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger und gefährdet unsere Demokratie. In zahlreichen Gemeinden und Städten droht der Stillstand vor Ort“, betont Dr. Karl-Heinz Frieden, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des GStB.

Das Land gewährt den Kommunen nur noch eine finanzielle Mindestausstattung. Gleichzeitig haben sich bereits jetzt seitdem die Neuregelung in Kraft getreten ist, die Rahmenbedingungen beispielsweise durch enorme Ausgabensteigerungen für Personalkosten nach dem Tarifabschluss massiv geändert und wurden demnach nicht im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt.

Auf die wesentlichen Systemfehler der Neuregelung des LFAG hat der Gemeinde- und Städtebund im Rahmen der Gesetzesentstehung mehrfach hingewiesen.

„Erhöhungen von Steuern bzw. Nivellierungssätzen, wie vom Land gefordert, lösen das Problem nicht, sondern erhöhen den Unmut vor Ort. Im gemeindlichen Bereich würde selbst eine Hebesatzverdopplung in sehr vielen Fällen keinen Haushaltsausgleich bringen. Den Gemeinden und Städten fehlt schlichtweg der Handlungsspielraum, um zu gestalten und dringend erforderliche Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen“, so Frieden weiter.

Mit großer Sorge stellt der GStB fest, dass infolge der Neuregelungen der Kommunalfinanzen nicht nur bei den Bürgerinnen und Bürgern der Unmut steigt und sich diese von der Politik abwenden. Die Bereitschaft, sich unter diesen Bedingungen ehrenamtlich kommunalpolitisch zu engagieren, nimmt deutlich ab. Fälle, wie der Rücktritt eines gesamten Gemeinderats sowie des Ortsbürgermeisters in der Gemeinde Freisbach, könnten kein Einzelfall bleiben. Bereits jetzt haben wir die Rückmeldung von immer mehr Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeistern, dass sie aufgrund dieser Umstände nicht mehr bereit sind, bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr für das Amt zur Verfügung zu stehen.

In Rheinland-Pfalz werden 2260 Ortsgemeinden durch eine Ortsbürgermeisterin oder einen Ortsbürgermeister ehrenamtlich geführt. Über 35.000 Menschen engagieren sich ehrenamtlich als Ratsmitglied. Wenn das Land jetzt nicht tätig wird, ist dieses wie ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen. Mit der Neuregelung des Landesfinanzausgleichsgesetzes und in dessen Folge getroffenen Vorgaben schafft das Land Rheinland-Pfalz das immer wieder gelobte kommunale Ehrenamt Zug um Zug ab. Der Gemeinde- und Städtebund hofft, dass dieser Schritt ein Einzelfall bleibt, weiß aber, dass die kommunale Finanzlage – gerade in seinem Mitgliedsbereich – zu erheblichem Unmut führt. Eine noch nicht abgeschlossene Umfrage des Verbands zur Haushaltssituation weist aktuell den Stand auf, dass von den über 2.000 eingegangenen Rückmeldungen nur rund 47 % einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten. Das bedeutet, dass rund 53 % oder 1.075 Gemeinden keinen Haushaltsausgleich erreichen konnten. Insgesamt befinden sich zurzeit 212 Gemeinden in der sog. Nothaushaltsführung.


Pressemitteilung des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz vom 02. August 2023