Auf ihrer Bundestagung kamen am 06./07. Oktober 2022 Vertreterinnen und Vertreter des Kommunalwaldes aus Deutschland in Mettlach-Orscholz zusammen, um über Wege zu diskutieren, wie gerade auch der Kommunalwald als Wald der Bürgerinnen und Bürger mit klugen Strategien einen Beitrag aus der Krise und für einen Klimawald der Zukunft leisten kann.
Auf der Agenda standen dabei die Themen Wald als nationale Rohstoff- und Energiereserve, die Honorierung der Klima- und Ökosystemleistungen und vor allem das Prinzip der kommunalen Selbstbestimmung, wonach bürgerschaftlich gewählte Stadt- und Gemeinderäte über ihren Wald selbst entscheiden wollen.
Die kommunalen Vertreter möchten die Erfahrungen aus 300 Jahren nachhaltiger Forstwirtschaft mit den neuen Anforderungen an den Wald als CO2-Speicher und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen im Klimawandel verknüpfen. Der Vorsitzende des Gemeinsamen Forstausschusses „Deutscher Kommunalwald“, Dr. Karl-Heinz Frieden, und der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, sehen hier die Politik gefordert, einen breiten und ausgewogenen Konsens über die von der Gesellschaft an den Wald und die Forstwirtschaft gestellten Ansprüche und Sonderleistungen in einer zukunftsgerichteten Waldpolitik durchzusetzen.
„Eine Absage erteilen wir solchen ideologischen Bestrebungen, die einseitig die Zukunft des Waldes unter dem Schirm von Stilllegungen und Reservaten verfolgen. Wir befürchten, dass die Befürworter von massiven Bewirtschaftungseinschränkungen als „Trittbrettfahrer des Klimawandels“ die nachhaltige Ressource Wald schlussendlich in den „Würgegriff“ bekommen wollen. Wenn wir den Wald als Multitalent erhalten wollen, brauchen wir von Seiten der Politik wirksame Bekenntnisse zum multifunktionalen Wald und keinen Kampf um ideologisierte Deutungshoheiten“, so Frieden und Landsberg. Die Politik müsse angesichts der Ereignisse und Krisen die bisherigen Strategien der Waldpolitik auf den Prüfstand stellen. Der Beitrag von Wald und Holz für das Erreichen der Klimaschutzziele und für eine nachhaltige Energie- und Rohstoffversorgung müsse neu fokussiert werden. Auch beim Wald müsse selbstkritisch hinterfragt werden, mit welchen Schritte der Umbau zu einem resilienten Wald der Zukunft gelingen kann, so Frieden und Landsberg.
Für die kommunalen Forstbetriebe, denen nicht nur die Nutzung, sondern auch der Schutz der Wälder ganz besonders am Herzen liegt, seien folgende Themenfelder von besonderer Bedeutung:
1. Antworten auf globale Krisen -Rückbesinnung auf den Wald als nationale Rohstoff- und Energieressource.
Die Antworten erforderten ein klares Bekenntnis zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung und der Nutzung des Rohstoffes Holz, als Lieferant für erneuerbare Energien und Substitut durch Bauen mit Holz und zur Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten. Dazu müsse die im Koalitionsvertrag angekündigte Holzbauinitiative zügig umgesetzt werden, um die Treibhausgasemissionen des Bausektors langfristig zu senken. Holzbau ist aktiver Klimaschutz! Zwingend erforderlich seien zudem Folgenabschätzungen über die Auswirkungen von einem Einschlagsstopp in alten Buchenwälder, Einschlagsmoratorien und einer Extensivierung der Laubholznutzung auf die Wirtschaft, die Rohstoffversorgung und die Klimabilanz.
2. Honorierung der Klima- und Ökosystemleistungen der Wälder auch für Kommunen schnellstmöglich umsetzen
Für kommunale Forstbetriebe ist die Gleichrangigkeit der Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion ein hohes Gut und von zentraler Bedeutung. Dies bedeutet ein gleichrangiges Miteinander von Biodiversität, Bioökonomie und den sozialen Funktionen des Waldes. Da aus der Holznutzung auf lange Sicht kein ausreichender Ertrag zum Umbau der Wälder gezogen werden kann, müssen die Leistungen der Waldbesitzenden in allen Bereichen honoriert werden. Nach dem Grundsatz `Öffentliches Geld für öffentliche Güter´ gelte es einen Gemeinwohlausgleich zu Gunsten der Waldbesitzenden zu etablieren.
3. Prinzip kommunaler Selbstbestimmung:
Kommunalwald ist Bürgerwald. Waldbesitzende Städte und Gemeinden lehnen eine Bevormundung in der Waldbewirtschaftung ab. Sie setzen vielmehr auf eine gestaltende Waldpolitik vor Ort, die die Ansprüche von Bürgerinnen und Bürgern, Forst- und Holzwirtschaft sowie Naturschutz klug miteinander verbindet. Die kommunalen Waldbesitzenden sprechen sich daher gegen eine generelle Anhebung der waldgesetzlichen Bewirtschaftungsstandards aus. Darüber hinaus gelte es, die Bedürfnisse der Menschen im ländlichen Raum zu beachten: Kein Verbot der Brennholznutzung – gerade in Zeiten von Energieknappheit. Rundholz und Sperrholz, Bauholz und Furniere, aber auch Pellets und Brennholz müssen auch zukünftig aus den Kommunalwäldern gewonnen werden können. So möchten die Kommunalwaldvertreter umsetzten, dass der Kommunalwald Bürgerwald ist und auch zukünftig bleibe.
Mit Blick auf die angekündigten neuen Akzente und Schwerpunkte der neuen Bundesregierung in den Themenfeldern Wald und Forstwirtschaft, Klimaschutz und Biodiversität bleibe es für die kommunalen Forstbetriebe eine spannende und gravierende Frage, welche Sichtweise auf den Wald sich durchsetzen werden. Welches Gewicht räumt die Koalition den Meinungen und Wertevorstellungen von mehr als 60 Millionen Einwohnern in den Großstädten und Ballungszentren ein,
für die soziale und ökologische Belange der Wälder eher Vorrang gegenüber der Rohstoffproduktion haben? Und wie werden die Interessen der annährend 20 Millionen Bürger im ländlichen Raum berücksichtigt, für die die Forstwirtschaft einer der wichtigsten Wirtschaftszweige bildet?
„Es wird kein einfaches Unterfangen sein, die verschiedenen Anspruchserwartungen an den Wald in eine vernünftige Balance zu bringen. Dies kann gelingen, wenn bei unseren Bürgerinnen und Bürgern und auch in der Politik endlich wieder ein Gefühl dafür entsteht, dass in unseren Wäldern hohe Werte wachsen, deren Nutzung zur Wertschöpfung beiträgt und gleichzeitig Klimaschutz, Naturschutz, Biodiversität und die Bevölkerung davon profitieren. Dazu müssen alle Akteure aufeinander zugehen und sich auch auf Kurskorrekturen einlassen“, so Frieden und Landsberg.
Statement vom Gastgeber Bürgermeister Daniel Kiefer (Mettlach):
„Ich freue mich sehr, dass der Gemeinsame Forstausschuss der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sich zu seiner Herbsttagung hier an der schönen Saarschleife trifft. Gerade hier bei uns als Tourismusregion, wo die Erholung in den Wäldern an oberster Stelle steht, werden die Schäden der vergangenen Jahre besonders sichtbar“, sagte Bürgermeister Daniel Kiefer aus Mettlach.
Die Situation im Gemeindewald Mettlach nach den Trockenjahren ist Anlass zur Sorge, denn diese haben ihre Spuren im Kommunalwald hinterlassen. Zahlreiche Nadelholzbestände sind in Folge der Trockenheit vom Borkenkäfer befallen und zum Teil flächig abgestorben. Der Gemeindewald Mettlach hat eine Baumartenverteilung von rund 61 Prozent Laubholz und 39 Prozent Nadelholz. Doch sind mittlerweile nicht nur die Nadelholzbestände betroffen, sondern vermehrt zeigen auch die älteren Buchenbestände deutliche Schäden. Ein solcher Befall erstreckt sich üblicherweise über mehrere Jahre und somit wird die Problematik von Jahr zu Jahr weitergehen. Nach dem Krieg wurde die Fichte als schnell wachsende Baumart als Bauholz angepflanzt, wohlwissend dass sie nicht in unseren Wäldern heimisch ist.
„Deshalb werden wir für die Nachpflanzung auf Baumarten zurückgreifen, die den Klimaerfordernissen besser standhalten. Mit der Neuanpflanzung wird so schnell wie möglich begonnen werden, die Erholung des Waldes wird aber noch Jahrzehnte brauchen. So beschäftigt uns das Thema „Klimawandel“ in unserem Gemeindewald nun schon das vierte Jahr in Folge, ein Ende ist noch nicht abzusehen. Die Folgen hieraus ist die Aufgabe der Forstwirtschaft für den Waldumbau in den
nächsten Jahrzehnten (!). Unser Wald muss somit in Teilen „komplett“ umgebaut werden. Darüber hinaus sieht der Waldbau der Zukunft keine derart massiven Monokulturen mehr vor, wie wir dies von den o.g. Fichtenbeständen her kennen. Wir wollen hin zu einem gesunden Mischbestand aus Nadel- und Laubhölzern. Diese finanzielle, aber auch personelle Kraftanstrengung ist sicherlich eines der vielen Themen, die die Forstwirtschaft in den nächsten Jahren zu bewältigen hat“, so Kiefer abschließend.
Hintergrundinformationen: Gemeinsamer Forstausschuss: Sprachrohr des Deutschen Kommunalwaldes
Der Gemeinsame Forstausschuss „Deutscher Kommunalwald“ ist die repräsentative Interessenvertretung waldbesitzender Städte und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland und das Sprachrohr des deutschen Kommunalwaldes, der 20 Prozent der Waldfläche einnimmt. Der Ausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, des Deutschen Städtetages und des Deutschen Landkreistages. Der Forstausschuss trifft sich zweimal im Jahr zum Austausch mit Landräten/innen, Bürgermeister/ innen und Leitern/innen großer kommunaler Forstbetriebe aus den Bundesländern. Darüber hinaus ist für die Ausschussmitglieder eine vertrauensvolle und sachorientierte Zusammenarbeit
mit den für Wald, Forstwirtschaft und Naturschutz zuständigen Ressorts, Vertretern der politischen Parteien, forstlichen Verbänden und der Wissenschaft wichtig.
Weitere Informationen: www.dstgb.de
Pressemitteilung des Gemeinsamen Forstausschusses der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände „Deutscher Kommunalwald“ vom 06. Oktober 2022