Wie geht man da mit der Frage um, ob es sich lohnt, für die Zukunft eine neue Wohnungsbauentwicklung oder die Entwicklung eines Gewerbegebietes anzugehen. Kann man so etwas eigentlich in einem System so zusammenführen, dass es gelingt, diese Frage unter Heranziehung möglichst vieler Daten nicht nur aus der jeweiligen Gemeinde selbst, sondern auch aus dem Umland, einer ersten Überprüfung zu unterziehen. Und hier kommt ein Instrument mit dem Namen Folgekostenrechner ins Gespräch. Was ist das? Dieses Instrument mit dem etwas sperrigen Namen ist eine Anwendung, die speziell unter Beteiligung rheinland-pfälzischer Kommunen und der Wissenschaft als System entwickelt worden ist, und die eine umfassende Betrachtung der Einnahmen- und Ausgaben-situation vor Beginn einer solchen Infrastrukturmaßname ermöglicht. Sie geht über bisherige Programme zur Kosten-Nutzen-Analyse deswegen hinaus, weil dort städtebauliche und finanzielle Erfordernisse in planerischen Entscheidungsprozessen frühzeitig zusammengeführt werden. Dies führt zu einem verschärften Blick darauf, ob neue Bauflächen überhaupt notwendig sind, oder doch die Planung im Innenbereich vorzuziehen ist. Diese Art von Auseinandersetzung mit ökonomischen Auswirkungen neuer Wohnungsbauflächen sichert für die Kommunen damit eine zukunftsfähige Siedlungspolitik, und weil dieses Programm zudem bis hin zur Flächennutzungsplanung leicht handhabbar ist, lässt es sich auch einfach in die Arbeit auf allen kommunalen Ebenen implementieren. Ein solches Instrument, das vorab nach einem vorgegebenen Raster die Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen betrachtet, hat zudem den Vorteil, bei der Entscheidungsfindung im Rat die Überzeugungsarbeit für oder gegen eine solche Maßnahme ganz wesentlich zu erleichtern.
Um diesen Blick auf die Kostenseite und damit die Frage Innenentwicklung vor Außenentwicklung noch weiter zu stärken, brauchen wir aber mehr. Wir brauchen
- ein verändertes Bauordnungsrecht, insbesondere im Brandschutz
- andere gesetzliche Zugriffsmöglichkeiten der Kommunen auf die Bausubstanz
- ein geändertes Bewusstsein im Denkmalschutz (nicht alles kann geschützt werden)
- neue Überlegungen zur Dorferneuerung (nicht nur gestalten im Bestand) und
- bessere Daseinsvorsorgebindungen im ländlichen Raum (Breitband ist nur ein Stichwort)
um den früheren und aus meiner Sicht heute noch gültigen Gedanken vom Leben, Arbeiten und Wohnen im Dorf gerecht zu werden.
Dies führt zu einer Verminderung der weiter fortschreitenden Siedlungsnotwendigkeit in Ballungsgebieten und damit zu einer Verbesserung des Flächenverbrauchs, zu einer Reduzierung der immer teureren sozialen und kommunalfinanzwirtschaftlichen Kosten. Deswegen begrüßen wir, dass das Land unter Beteiligung der kommunalen Ebenen und mit Hilfe der Wissenschaft, insbesondere des Umweltcampus in Birkenfeld, dieses Instrument unterstützt und finanziert hat.
Der Folgekostenrechner ist aber nur ein Instrument, er kann nicht den Prozess der gerechten Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange untereinander dermaßen überragen, dass eine überwiegend ökonomische Betrachtung des Städtebaurechts Vorrang gewinnt. In diesem Sinne angewandt, sollten alle Kommunen in Rheinland-Pfalz den Folgekostenrechner zur Anwendung bringen, aber nicht vergessen, dass durch den demografischen Wandel noch andere Aufgaben in der Siedlungsentwicklung unter dem Gesichtspunkt möglichst gleichwertiger Lebensbedingungen trotz aller Differenziertheit mit zu erledigen sind.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 02/2015
Winfried Manns
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes