Die Maßnahmen reichen jedoch bei weitem nicht, um die tatsächlichen Probleme der Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister zu lösen. Hier ist dringend ein Handeln des Landesgesetzgebers erforderlich. Das ist auch deshalb wichtig, weil wir 2024 vor einer Kommunalwahl stehen. Die persönlichen Entscheidungen, ob man kandidiert oder nicht, treffen viele in den nächsten Monaten. Dabei werden die Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle spielen.
Seit Jahren nehmen die Aufgaben für die ehrenamtlich geführten Gemeinden und Städte nicht ab, sondern zu. Bürokratie, finanzieller Druck, Personal und Fachkräftemangel verschärfen die Lage. Neue aufwändige Standards ohne ausreichende Finanzierung durch Landeszuweisungen kommen hinzu. Das zeigt sich insbesondere bei der Kita- und Feuerwehrfinanzierung.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass über den Erfolg oder Misserfolg der zentralen Herausforderungen unseres Landes, zum Beispiel beim Klimaschutz und der Klimaanpassung, maßgeblich in den Ortsgemeinden entschieden wird. Hier werden die Anlagen platziert, hier müssen die Menschen mitgenommen werden. Auch die Frage, ob die Integration der Geflüchteten gelingt, entscheidet sich nicht in Mainz, sondern immer vor Ort.
Gleichzeitig wird nunmehr vielerorts deutlich spürbar, dass der neue kommunale Finanzausgleich leider keine Erfolgsstory für unsere Ortsgemeinden ist. Weniger Geld und der Zwang, die Grund- und Gewerbesteuersätze zu erhöhen, führen zu Frust bei den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern sowie zu Konflikten mit den Bürgerinnen und Bürgern.
Wenn wir die ehrenamtlichen Strukturen in Rheinland-Pfalz aufrechterhalten wollen, brauchen wir mehr als die längst fällige und wichtige Erhöhung der Aufwandsentschädigung oder eine faire Ausgestaltung des Ehrensolds.
Erforderlich sind insbesondere Verbesserungen, die mehr Zeit für das Ehrenamt schaffen. Dazu gehören bessere, pauschalierte Freistellungsregelungen, die die Ehrenamtlichen aus einer Bittsteller-Rolle herausholen. Die Verwaltungen brauchen den finanziellen und personellen Spielraum, um das Ehrenamt sachgerecht unterstützen zu können. Zudem sollte im Jahre 2023 mit den vorhandenen digitalen Anwendungen klar sein, dass eine Ortsbürgermeisterin oder ein Ortsbürgermeister nicht die klassische Schreibkraft zur Entlastung bedürfen, sondern eine Assistenzkraft zur Unterstützung.
Die genannten Maßnahmen können das kommunale Ehrenamt jedoch nur aus der Gefahrenzone bringen, wenn den Ortsgemeinden auch wieder ein angemessener finanzieller Handlungsspielraum eingeräumt wird, der es ermöglicht, zu gestalten und nicht nur Steuererhöhungen und Maßnahmenstreichungen zu beschließen.
Die Landespolitik ist gut beraten zu erkennen und zu beachten, dass die Zukunft unseres Landes, die Zufriedenheit der Menschen und die Funktionsfähigkeit der Strukturen vor Ort wesentlich von unseren ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern abhängt.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 03/2023
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes