Das kann und wird nur gelingen, wenn wir es flächendeckend schaffen, entsprechende Kita-Plätze oder auch eine Betreuung durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater anzubieten. Dieses wichtige und richtige Ziel ist in Gefahr. Entgegen langjähriger Prognosen steigt die Geburtenrate. Hinzu kommen die aufgenommenen Kinder der Kriegsvertriebenen aus der Ukraine bzw. der Asylbewerberinnen, für die ebenfalls Kita-Plätze bereitgestellt werden müssen, damit die Integration insbesondere der Mütter in den Arbeitsmarkt gelingen kann. Gleichzeitig fehlen in vielen Betreuungseinrichtungen Erzieherinnen und Erzieher. Der Markt ist weitgehend leergefegt. Kurzfristige Lösungen sind nicht in Sicht. Die Kommunen unternehmen seit Jahren erhebliche Anstrengungen, um die Angebote vor Ort zu verbessern, stoßen aber nicht nur an personelle und finanzielle Grenzen, sondern haben oftmals auch Probleme, geeignete Grundstücke zu finden und zügig zu bebauen. Die richtige Erkenntnis, dass die Kinderbetreuung natürlich auch ein Bildungsauftrag ist, führt zu immer neuen Forderungen, den Betreuungsschlüssel weiter zu verbessern. Auch dadurch wird die Situation weiter verschärft. Es bleibt nur der Weg, die finanziellen Hilfen von Bund und Land, systematisch zu erhöhen, Quereinsteigerinnen und -einsteiger den Zugang zum Beruf zu ermöglichen und weitere Hilfskräfte zu gewinnen, soweit es z. B. in Küche, in der Versorgung und in den Verwaltungsangelegenheiten nicht um pädagogische Aufgaben geht. Damit kann man eine Entlastung der Beschäftigten erreichen und gleichzeitig das Kindeswohl fördern.
Die Realität ist ernüchternd: Die Landesregierung zeigt auf die Kommunen mit dem Hinweis, dass es sich bei der Bereitstellung von Kita-Plätzen um eine Pflichtaufgabe handelt. Die Rahmenvereinbarung, welche die kommunalen Spitzenverbände mit den Kirchen, Religionsgemeinschaften und den freien Trägern über Planung, Betrieb und Finanzierung von Tageseinrichtungen sowie die angemessene Eigenleistung der Träger gemäß KiTaG schließen sollen, konnte auch zwei Jahre nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes mangels Einigung und insbesondere mangels Finanzmittel auf beiden Seiten nicht geschlossen werden. Weitere Landesmittel, die das Dilemma entschärfen könnten, sind nicht in Sicht. Insgesamt ist die finanzielle Unterstützung des Landes bei weitem nicht auskömmlich. So gibt es im Rahmen von Investitionen nur Mittel für neue, zusätzliche Plätze im Vergleich zur höchsten Betriebserlaubnis der letzten 20 Jahre. Notwendige Umbauten in der Küche, Sozialräume, Sanierungen, Ersatzbauten werden vom Land nicht bezuschusst. Zur Einrichtung einer adäquaten Verpflegung der Kinder bei einer durchgängigen siebenstündigen Betreuung gab es lediglich einen Zuschuss von 5.000 Euro (bzw. 10.000 Euro, wenn es überhaupt keine Küche gab). Insgesamt verhindern hohe Standards oftmals die Schaffung weiterer Plätze.
An der Kinderbetreuung zeigt sich, wie in vielen Bereichen in unserem Land, dass nicht alles, was richtig und wünschenswert ist, auch kurzfristig umgesetzt werden kann. Das gilt gleichermaßen für den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. Denn Rechtsansprüche schaffen keine Plätze, sondern fordern nur das konkrete Handeln vor Ort.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 01/2023
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes