Das Innenministerium hat mit den Erleichterungen zur personellen Unterstützung und der Erhöhung der Aufwandsentschädigung nunmehr zwar einen Teil der GStB-Forderungen aufgegriffen. Unserer zentralen Forderung nach mehr finanziellem Handlungsspielraum ist die Landesregierung allerdings nicht nachgekommen. Hieran wird leider auch das nun anlaufende Entschuldungsprogramm nichts ändern. Ein Neustart? Fehlanzeige. Eine Entschuldung ist nur nachhaltig, wenn die Kommunen nicht in ein paar Jahren wieder vor einem immensen Schuldenberg stehen.
Immer mehr wird nun der Webfehler des neuen kommunalen Finanzausgleichs insbesondere in den Ortsgemeinden deutlich spürbar. Er soll eine „angemessene Mindestausstattung“ gewährleisten, tut es aber nicht. Alle gemeindlichen Steuereinnahmen und die Konzessionsabgaben werden von der Mindestfinanzausstattung abgezogen. Erhöhungen von Steuern bzw. Nivellierungssätzen, wie vom Land gefordert, lösen das Problem nicht, sondern erhöhen den Unmut vor Ort. Im gemeindlichen Bereich würde selbst eine Hebesatzverdopplung in sehr vielen Fällen keinen Haushaltsausgleich bringen. Hinzu kommen enorme Ausgabensteigerungen für Personalkosten nach dem Tarifabschluss, die im kommunalen Finanzausgleich gar nicht enthalten sind.
Die durch das Gute-Kita-Gesetz vorgegebenen Standards verursachen vielerorts Baumaßnahmen. Explodierende Baukosten, Inflation und Materialengpässe und eine im Verhältnis promillegleiche finanzielle Unterstützung des Landes hierbei beschleunigen letztendlich die drohende Handlungsunfähigkeit.
Die Integration Geflüchteter und die Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimawandelanpassung sind keine netten kommunalen Spielereien, sondern rundum wichtig. Sie verursachen aber auch immense Kosten. Bezahlen sollen es die Gemeinden und Städte aber anscheinend aus der Portokasse.
Landesweit verbleiben zahlreiche Kommunen mangels genehmigter Haushalte in einer vorläufigen Haushaltsführung. Ausgaben für freiwillige Leistungen sind unmöglich geworden.
Ob Energieversorgung oder Inflation – die Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert. Verbunden mit diesen Ängsten gibt es nach der letzten forsa-Umfrage ein erhebliches Wählerpotenzial zugunsten der AfD. Wir müssen alles daransetzen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und auch die Demokratie zu stärken. Das wird nur gelingen, wenn sich die Rahmenbedingungen vor Ort nachhaltig und deutlich verbessern. Denn die Menschen erleben den Staat in erster Linie in ihrer Gemeinde oder in ihrer Stadt. Wenn dort die notwendigsten Strukturen nicht mehr aufrechterhalten oder verbessert werden können, schlägt sich der Unmut auch in den Wahlentscheidungen nieder. Deswegen ist die Landesregierung gefordert, dem Grundsatz „Demokratie wird vor Ort gemacht“ viel stärker Rechnung zu tragen.
Wir brauchen hier dringend ein Umsteuern beim kommunalen Finanzausgleich – ein Zuwarten auf eine Evaluation verschärft noch die Finanznot. Wer den Gemeinden und Städten die Luft zum Atmen nimmt, muss sich nicht wundern, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt krankt.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 06/2023
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes