Mit der Jahreswende tritt das Online-Zugangsgesetz (OZG) in Kraft. Mit großen Erwartungen im Jahr 2017 gestartet, wird das Ziel, alle onlinefähigen Verwaltungsleistungen bis Ende des Jahres 2022 zu digitalisieren, leider nicht erreicht. Nur ein geringer Teil der ursprünglich geplanten 575 Verwaltungsleistungen steht im Jahre 2023 digital zur Verfügung. Die Gründe sind vielfältig. Der anfängliche immense Koordinierungsbedarf zwischen Bund, Ländern und Kommunen, die politischen Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern und die mangelnde Einbindung der kommunalen Ebene in den Gesamtprozess auf Bundesebene haben viel Zeit gekostet. Mit der unsererseits von Beginn an geforderten und nun endlich vorgesehenen Priorisierung gelingt uns endlich in der Umsetzung eine Fokussierung auf zentrale Leistungen. Die Bereitstellung der für die Verwaltungsdigitalisierung notwendigen Software hat sich als extrem komplexes Unterfangen herausgestellt. Da es keine fertigen Lösungen am Markt gab, mussten diese größtenteils neu beauftragt oder programmiert werden und spezielle Erfordernisse beim Datenschutz hinsichtlich der Datensicherheit und Barrierefreiheit erfüllen. Deswegen kam es zu einer späten Bereitstellung von Basisdiensten, sodass hier ebenfalls Verzögerungen im Zeitablauf für die kommunale Seite entstanden sind, ohne dass diese darauf Einfluss nehmen konnte.
In Rheinland-Pfalz haben wir uns dazu entschieden, nicht bloß ein Online-Formular zur Beantragung zur Verfügung zu stellen, welches dann in der Verwaltung wieder ausgedruckt würde. Vielmehr soll der gesamte Verwaltungsprozess mit einbezogen werden. Denn komplexe, teils ineffiziente Verfahren werden allein durch die Digitalisierung nicht besser. Wir müssen uns darauf konzentrieren, erst zu prüfen, ob das fragliche Verfahren überhaupt so zur Digitalisierung geeignet ist oder es gegebenenfalls geändert oder abgeschafft werden muss. Auch ist es nicht damit getan, einfach die IT-Struktur aufzubauen. Vielmehr müssen in der gesamten Organisation Abläufe und Bearbeitungsprozesse auf den Prüfstand sowie das Personal mitgenommen werden. Das geht nicht von heute auf morgen.
Trotzdem besteht Einigkeit, dass die Zielsetzung des OZG richtig ist. Die im Rahmen der OZG angestoßene arbeitsteilige Umsetzung nach dem EfA-Prinzip „Einer für Alle“, wonach nicht jede Stelle das Rad neu erfinden und eine digitale Leistung programmieren muss, war und ist richtig und wichtig. Wenn nun die Leistungen den Kommunen bereitgestellt werden, fängt allerdings die Digitalisierungsarbeit in den Gemeinden und Städten mit der Anpassung und Implementierung erst richtig an.
Im Mittelpunkt des OZG muss die Nutzerorientierung stehen. Am Ende sollte die ganz große Mehrheit aller Verwaltungsvorgänge für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch Wirtschaft und Vereine, online zugänglich sein. Nach dem Motto „nicht die Bürgerinnen und Bürger, sondern die Daten sollen laufen“ und wie bei privaten Bestellungen, wollen die Menschen den Service erleben: „heute bestellt, zeitnah geliefert“. Das müssen die Verwaltungen der Zukunft leisten.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 12/2022
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes