Kommunale Finanzkrise abwenden, Hilfspaket 2021 schnüren, Leistungsansprüche überprüfen und zurückstellen


Bei der wichtigsten kommunalen Steuer, der Gewerbesteuer, hatte die Steuerschätzung im Mai einen Rückgang von rund 25 Prozent bzw. 18 Prozent (brutto/netto) vorausgesagt. Die jüngste Steuerschätzung vom 15. September 2020 hat dies weitgehend bestätigt. Allerdings gehen die Steuerschätzer in der aktuellen Schätzung davon aus, dass die Erholungsphase bis zur Erreichung der Vor-Corona-Einnahmen bezogen auf die Gesamtsteuereinnahmen nicht wie ursprünglich angenommen lediglich bis 2021 dauert, sondern mindestens bis 2023 benötigt. Insoweit ist es gut und richtig, dass der Bund in seinem Hilfspaket beschlossen hat, die Hälfte der Gewerbesteuerausfälle auszugleichen, während den anderen Teil das Land übernehmen soll. Das Versprechen des Landes, den Kommunen nochmals 50 Mio. Euro zur Abfederung von Gewerbesteuerausfällen in 2021 zu erstatten, ist ein wichtiges Zeichen.

Bei vielen Kommunen steht aber nicht die Gewerbesteuer, sondern insbesondere der Anteil an der Einkommenssteuer im Vordergrund. Hier zeichnen sich erhebliche Verluste in Höhe von minus 187 Mio. Euro ab. Darüber hinaus wird bei der Steuerschätzung natürlich nicht berücksichtigt, dass die Einnahmen aus Gebühren und Beiträgen ebenfalls erheblich zurückgehen. Schwimmbäder sind geschlossen oder können nur mit wenigen Besuchern mit erhöhten Verlusten betrieben werden, Großveranstaltungen mit entsprechenden Sondernutzungsgebühren im öffentlichen Raum finden kaum statt. Nach einer Umfrage des Verbandes kommunaler Unternehmen sehen sich rund ein Viertel der Bäder (26 Prozent) – ohne finanzielle Unterstützung von Bund und Land – von der Schließung bedroht. Mehr als 60 Prozent können noch keine Prognose über die Zukunft des Bades abgeben.

Leider ist es nicht gelungen, im Rahmen des Hilfspaketes des Bundes die Altschuldenproblematik zu lösen. Gerade die Kommunen in Rheinland-Pfalz sind durch eine Altschuldenlast von mehr als 6 Mrd. Euro nicht nur in ihrer Investitionsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Gerade in der Krise erwarten die Menschen und die Wirtschaft starke und handlungsfähige Kommunen, die mit ihren Investitionen zur Konjunkturlokomotive werden könnten.

Deshalb brauchen wir ein weiteres nachhaltiges Hilfspaket 2021 des Bundes, in dem neben den Altschulden auch die Verluste der Kommunen bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden. Das Land ist weiterhin in der Pflicht, den Kommunalen Finanzausgleich besser auszustatten und den Kommunen bei der Digitalisierung finanziell wirksam zu helfen, so wie es die Nachbarländer vormachen.

Wir haben die größte und schwerste Wirtschaftskrise seit dem zweiten Weltkrieg. Vor diesem Hintergrund müssen alle neuen Leistungen auf den Prüfstand gestellt werden. Dazu gehört auch der geplante Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung in der Grundschule. So gut und sinnvoll diese Maßnahme ist, sie erfordert Milliardenbeträge und Personal, das wir im Moment nicht haben. Bei den zurzeit laufenden Tarifverhandlungen müssen die engen finanziellen Spielräume der kommunalen Arbeitgeber mit Augenmaß beachtet werden.

Durch die Krise kommen wir nur gemeinsam mit der wichtigen Erkenntnis, dass nicht alles was wünschenswert erscheint auch finanzierbar und umsetzbar ist, jedenfalls nicht sofort!


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 09/2020

Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes