Dafür brauchen wir jedenfalls in zentralen Fragen wenige bundeseinheitliche Grundsätze und keine Kleinstaaterei. Wenn ein Dschungel unterschiedlicher Landesvorschriften entsteht, werden die Menschen das nicht mehr verstehen und damit verlieren wir die notwendige Akzeptanz.
Insoweit ist es bedauerlich, dass sich die Länder nicht vollständig auf den Umgang mit Ausreisenden aus Risikogebieten im Inland verständigen konnten. Was rausgekommen ist, ist ein Beherbergungsverbot bei touristischen Reisen, sofern die Reisenden keine negativen Atteste vorlegen können. Inzwischen haben die Gerichte in mehreren Bundesländern die Beschränkungen des innerdeutschen Reiseverkehrs als unzulässigen Eingriff in die Freizügigkeit der Menschen für Unwirksam erklärt. Die Entscheidung des OVG in Niedersachsen ist unanfechtbar. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass es keine ausreichenden Belege dafür gibt, dass diese Reisen zur messbaren Erhöhung des Infektionsgeschehens führen. Damit dürfte der innerdeutsche Flickenteppich der Beherbergungsverbote wohl beendet sein.
Neben zentral abgestimmten Regelungen von Bund und Ländern brauchen wir jedoch auch einen verbleibenden Spielraum, um das regionale Infektionsgeschehen gewichten zu können. Wo es nur wenige Infektionen gibt, werden Menschen über eine Maskenpflicht auf der Straße nicht nur den Kopf schütteln, sondern auch sämtliche Maßnahmen der Regierung in diesem Zusammenhang schnell in Frage stellen. Deswegen sind die Bund-Länder-Hotspotstrategie und die Corona-Ampel Rheinland-Pfalz ein wichtiges Signal.
Die Pandemie ist ein Marathon und kein Kurzstreckenlauf. Deswegen müssen wir immer wieder die Menschen mitnehmen, überzeugen und an ihre Vernunft appellieren. Dazu gehört, dass wir uns auch eingestehen, dass wir nicht alle Menschen über das Bekanntmachungsorgan oder den öffentlichen Rundfunk erreichen, sondern viele gerade über die sozialen Medien ihre Informationen beziehen.
Regeln müssen aber auch eingehalten werden. Die Gemeinden und Städte sind gehalten, die Regeln zu überwachen, zu kontrollieren und gegebenenfalls auch Bußgelder zu verhängen. Insoweit war der Maskentag in Rheinland-Pfalz ein richtiger Ansatz. Neben dem Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst, den Bund und Länder geschlossen haben, brauchen wir zusätzlich auch einen Pakt für die kommunalen Ordnungsdienste.
Damit sind auch Anforderungen an die Ordnungsämter noch umfangreicher geworden. Bei den Gastronomiebetrieben sollen nicht nur die Abstände, Desinfektionsspender und sonstigen Hygienevorgaben kontrolliert werden, sondern auch die zu führenden Kontaktlisten. Gerne auch im Bordellbereich. Das ist mit den bisherigen Kräften langfristig nicht zu leisten. Wir brauchen finanzielle und personelle Unterstützung. Kurzfristige Personalgewinnung für die Ordnungsämter ist schwierig, da es an Bewerbern fehlt. Deswegen sollte das Land prüfen, ob nicht gesetzlich geregelt werden kann, dass eine Kommune auch zertifizierte private Ordnungsdienste im Wege der Beleihung einsetzen kann. Dann könnten diese wie ein Beamter des Ordnungsamtes kontrollieren und auch Bußgelder verhängen dürfen.
Die Coronakrise zwingt uns, neue Wege zu gehen und Herausforderungen anzunehmen. Dem sollte sich die Politik nicht verschließen.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 10/2020
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes