Klar ist: Für die Lösung der Probleme und die Verbesserung der Situation gibt es keine einfachen Antworten, wie es die Populisten gerne vorgaukeln. Es ist vielmehr ein langfristiger Prozess notwendig, um die Situation in den strukturschwachen Regionen zu verbessern und gleichzeitig den Zuzugsdruck auf die Ballungsräume zu verringern. Die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hat im Juli gute und richtige Anregungen gegeben, was geschehen muss, um dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse näher zu kommen. Die finanzielle Förderung soll zukünftig nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach Bedarf ausgerichtet werden. So könnten strukturschwache Regionen unabhängig von ihrer geographischen Lage gezielt unterstützt werden. Neben der langfristig angelegten Förderung der strukturschwachen Regionen wurde auch der flächendeckende Breitband- und Mobilfunkausbau, eine bessere Verkehrsanbindung an die Ballungsräume, eine Stärkung des ÖPNV und bessere Daseinsvorsorgeleistungen auch in der Fläche vorgeschlagen.
Auch die Frage der kommunalen Altschulden soll angegangen werden, um den überschuldeten Städten und Gemeinden wieder Spielräume zu eröffnen. Wenn das Vorhaben von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, 50 % der kommunalen Liquiditätskredite abzulösen, umgesetzt würde, könnten in Rheinland-Pfalz sofort über drei Milliarden Euro kommunale Schulden getilgt werden. Jetzt ist die Landesregierung gefragt, dieses Angebot aufzugreifen und die Chance für den Schuldenabbau zu nutzen! Der Bundesfinanzminister knüpft an die Tilgung der kommunalen Kredite eine Beteiligung der Länder. Während die saarländische Landesregierung ihren Kommunen bereits eine massive Entschuldungshilfe zugesagt hat und in Nordrhein-Westfalen ähnliche Planungen im Gange sind, gibt es hier bislang überhaupt keine entsprechende Reaktion der Landesregierung.
Die Ideen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ müssen jetzt auch umgesetzt und die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt werden. Die derzeitige Funkstille rund um das Thema gleichwertige Lebensverhältnisse wirft allerdings Fragen auf. Der Hinweis der der Bundesregierung, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen aus vorhandenen Etats der jeweiligen Bundesressorts finanziert werden sollen, ist ernüchternd. Bezeichnend ist, dass entgegen der ursprünglichen Planungen die Kommission keinen Abschlussbericht erstellt hat bzw. dass nach Vorlage der Berichte der Facharbeitsgruppen nur noch ein vom Bundeskabinett angedachtes Maßnahmenpaket vorgestellt wurde. War es das jetzt? Die Menschen müssen spüren, dass ihre Probleme ernst genommen und vor allem angegangen werden. Wir haben kein Erkenntnis- sondern ein Umsetzungsproblem!
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 10/2019
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes