Straßenausbaubeiträge erhalten, Überforderung der Anlieger vermeiden


Dennoch sind Straßenausbaubeiträge derzeit wieder in die öffentliche Diskussion geraten. In Bayern kürzlich abgeschafft, sind sie nunmehr in Rheinland-Pfalz bei einigen Stellen in Kritik geraten. Das Land solle die Beiträge abschaffen und die Kommunen mit Zuweisungen von 50 Millionen Euro pro Jahr entschädigen, so die Vorstellung.


Die einfache Botschaft „keiner zahlt, alles wird steuerfinanziert“, erinnert an “Schlaraffenland” und ist weder gerecht noch angemessen. Über Zuweisungen wären die Kommunen und der Zustand der Straßen künftig ausschließlich vom Geldbeutel des Landes abhängig. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben jedoch gezeigt, dass hier die Mittel nur zaghaft fließen. So sind die Fördermittel für den kommunalen Straßenbau seit den 90er Jahren fast halbiert worden (von rd. 95 Mio. € auf rd. 55 Mio. € in 2014). Auch sind die Landeszuschüsse für den Kreisstraßenausbau seit 2010 um 20 Prozent gekürzt worden.  Die laufende politische Diskussion mit der Landesregierung um die Kommunalfinanzen zeigt in eindrucksvoller Weise, dass dort kein verlässlicher Partner zu finden ist.

Wenn künftig auch die Straßen, die bislang von den Straßenausbaubeiträgen erfasst werden, von den Bordmitteln, die das Land zur Verfügung stellt, finanziert werden müssen, besteht die Gefahr, dass Geld für wichtige Investitionen im Verkehrsbereich an anderer Stelle fehlt. 46 Prozent der 6320 kommunalen Brücken sind in einem nur ausreichenden Zustand, 33 Prozent sogar in einem kritischen Zustand. Der Rechnungshof beziffert allein den Sanierungsbedarf Brücken und Tunnelbauwerke auf rd. 623 Mio. €. Gleichzeitig müssen die Gemeinden und Städte dafür Sorge tragen, dass die Luftqualität sich verbessert und man dem geänderten Mobilitätsverhalten gerecht wird. Dies wird uns nur gelingen, wenn wir die Verkehrswende einleiten und die Elektroinfrastruktur; aber auch den ÖPNV ausbauen. Dies wird es nicht zum Nulltarif geben.

Wer also die Straßenausbeiträge abschafft, gefährdet wichtige Infrastrukturprojekte!

In der Diskussion über die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen wird gerne übersehen, dass die Bürgerinnen und Bürger die Straße so oder so zahlen. Die Frage muss eigentlich lauten: Wie und wie viel wird gezahlt? Denn je nachdem, ob die Straße über Steuern, Straßenausbaubeiträge als Einmalzahlung oder als wiederkehrender Straßenausbaubeitrag finanziert wird, werden die Lasten unterschiedlich verteilt. Bei fehlender staatlicher Unterstützung werden die Kommunen zur Anpassung der Grundsteuer gezwungen sein. Wer Straßenausbaubeiträge abschafft, fordert indirekt Steuererhöhungen, die dann nicht nur die Grundstückseigentümer, sondern alle treffen.

Bereits heute wird über den gesetzlich festgelegten Gemeindeanteil ein Teil der Ausbaukosten über Steuermittel finanziert. Gerade Belastungen durch hohe Einmalbeiträge können durch wiederkehrende Beiträge, die zudem auf mehreren Schultern liegen, abgemildert werden. Für Härtefälle sieht das Gesetz bereits jetzt schon die Möglichkeit vor, Beiträge zu stunden oder einen Billigkeitserlass auszusprechen. Auch der häufig angeführte Vorwurf, zahlreiche Rechtsstreitigkeiten würden als Kostentreiber die Vorteile neutralisieren, greift nicht. Im Schnitt 130 anhängige Gerichtsverfahren machen deutlich: Straßenausbaubeiträge sind zwar nicht beliebt, werden aber grundsätzlich akzeptiert.

Die Beiträge sollten nicht abgeschafft, sondern gestärkt werden. So sollten auch grundlegende Unterhaltungsmaßnahmen vom Beitrag abgedeckt werden können. Dieses würde die Lebensdauer der Straßen deutlich verlängern und daher mehr Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bedeuten.

Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaft und Handel profitieren von der Infrastruktur. Mit einer Abschaffung der Beiträge würde der Eindruck der Vollkasko-Mentalität verstärkt werden: Der Staat und die Kommunen können alles leisten.


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 8/2018

Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes