GStB-Bericht

Bericht des Vorsitzenden Juni 2023


Kurzerhand und in kürzester Frist sollten die Heizungen von Gas, Kohle und anderen fossilen Brennstoffen ersetzt werden. Mit dem hehren Ziel, so wird jetzt der Klimawandel und der Temperaturanstieg gestoppt. Eine „Wärmewende“ ist in der Tat notwendig, um den CO2-Ausstoß deutlich zu senken. Aber die Notwendigkeit allein schafft noch keine technischen Lösungen und das in kurzer Zeit und ohne den Hintergrund einer kommunalen Wärmeplanung. Und die Holzöfen sollten wir auch nicht weiterverwenden können, obwohl Holz ein nachwachsender Rohstoff ist.

Dies alles hat für wachsende Beunruhigung in der Bevölkerung gesorgt. Wo Unsicherheit herrscht, gewinnen Populisten und andere Rattenfänger leicht politisch die Oberhand. Es kommt nämlich nicht darauf an, was in der Berliner Blase aus Politikern und Journalisten mit entsprechendem Umfeld diskutiert wird, sondern darauf, wie es bei den Menschen draußen im Land wahrgenommen wird. Dies hat alles zu großer Verunsicherung geführt. Dazu kam eine chaotisch geführte Diskussion, in der vieles immer wieder durcheinander ging und letztlich bis heute niemand weiß, was dieses Gesetz für ihn konkret bedeuten würde.

Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass über so grundsätzliche Regelungen ausführlich diskutiert werden muss und handwerklich gut gemachte und zuvor intensiv mit allen Beteiligten diskutierte Gesetzesvorschläge benötigt werden. Schnellschüsse sind nur schön für Journalistinnen und Journalisten und für knackige Kurzmeldungen. Aber wie sich gezeigt hat, nicht alltagstauglich. Ich empfehle den Politikerinnen und Politikern ein Stück weit mehr Sorgfalt und weniger Show, mehr Aktenstudium und weniger Talkshows. Vielleicht muss man gelegentlich auch etwas weniger „Schein-Aktivismus“ und Selbstdarstellung betreiben und stattdessen ganz einfach ruhig und gelassen arbeiten, in Ruhe die Folgen gesetzlicher Regelungen abschätzen und dann erst die „gute Tat“ verkünden.

Liebe Leserinnen und Leser, damit wären wir bei der „guten Tat“, die uns in der Gestalt des neuen kommunalen Finanzausgleichsgesetzes verkündet wurde. Über 300 Millionen € mehr, dazu Übernahme der Altliquiditätskredite durch das Land! Von der Ermöglichung eines kommunalen Neustarts war die Rede. Soweit so gut. 

Als Gemeinde- und Städtebund haben wir frühzeitig auch auf die Problempunkte bei der Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs hingewiesen. Dies betrifft zum Beispiel die Festsetzung der „angemessenen Mindestfinanzausstattung“. Vor dem Hintergrund wachsender Ausgabenbelastungen für die kommunalen Haushalte müsste diese mindestens dynamisiert sein und aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Ein Beispiel dafür sind die Tariferhöhungen, die in diesem und nächsten Jahr die kommunalen Haushalte massiv belasten. Ein Ausgleich wäre frühestens nach der Evaluation des Gesetzes mit der letztlich erst im Jahre 2028 wirksamen Umsetzung möglich. Weiter sehen wir momentan gerade im Bereich der Kinderbetreuung erhebliche Investitions- und auch Betriebskostensteigerungen auf uns zukommen, von den erhöhten Energiekosten ganz zu schweigen. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn die Haushalte vor Ort weiterhin unausgeglichen bleiben. 

Dies ist sicher von Kommune zu Kommune und von Region zu Region verschieden, aber auch hier sehen wir Unruhe steigen. Hinzukommt nun ein Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 02.05.2023 „Haushaltsausgleich und Kommunalaufsicht“ zur Neuausrichtung der Kommunalaufsicht, das die Unruhe in den Gemeinden nochmals verstärkt. 

Nun kommt etwas zum Tragen, auf das wir als Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz im Gesetzgebungsverfahren mehrfach hingewiesen haben: Das neue Landesfinanzausgleichsgesetz fordert zur angemessenen Finanzierung der Gemeinden über die Erhöhung der Nivellierungssätze für die Realsteuern auch eine erhebliche Erhöhung der gemeindlichen Hebesätze. Im Schreiben vom 02.05.2023 werden Grundsteuerhebesätze von 995 Punkten dargestellt, die aus Sicht der Rechtsprechung, des Ministeriums des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz und des Landesrechnungshofs nicht „erdrosselnd“ wirken und damit möglich und vertretbar seien. Diese Aussage bzw. Feststellung treibt die Ratsmitglieder in vielen Orts- und Stadträten auf die Barrikaden. Mittlerweile hat eine erste Gemeinde in unserem Land zur Erlangung des Haushaltsausgleiches „1.000 Punkte“ für die Grundsteuer B beschlossen.

Richtig ist, dass der Rechnungshof immer wieder höhere Grundsteuerhebesätze mit dem Verweis auf andere Bundesländer angemahnt hat, wogegen wir uns als GStB aber genauso regelmäßig verwahrt haben, weil der Ländervergleich in nur einem Punkt immer ein verfälschtes Ergebnis aufweist; für einen derartigen Vergleich sind die Strukturen und Ausgleichssysteme in den einzelnen Bundesländern viel zu verschieden.

Außerdem sind wir derzeit inmitten der Grundsteuerreform und auch hier sind viele Menschen verunsichert. Vielerorts wird die unangepasste Befolgung der Neuausrichtung der Kommunalaufsicht zu Verdoppelungen oder sogar noch höheren Hebesätzen führen.

Teilweise ist damit jedoch ein Haushaltsausgleich trotzdem nicht zu erreichen. Über viele Jahre ist die rheinland-pfälzische Kommunalaufsicht und damit auch der Umgang mit den Liquiditätskrediten gewachsen. Was über einen so langen Zeitraum entstanden ist, kann man nicht von heute auf morgen beenden, zumindest dann nicht, wenn das kommunale Ehrenamt erhalten bleiben soll. Aber auch auf diese Problematik haben wir frühzeitig und umfangreich hingewiesen.

Ich bin der Überzeugung, dass vor diesem Hintergrund früher über Verbesserungen für die Kommunen im Rahmen des Finanzausgleichs z.B. über eine zeitnahe Anpassung des kommunalen Mindestbedarfs, eine Begrenzung der Anrechnung der kommunalen Einnahmen im System oder eine zeitnahe Berücksichtigung von Finanzierungspflichten nachgedacht und angegangen werden muss, als im Rahmen des Evaluationsverfahrens vorgesehen ist. Sonst wird die Zahl der unausgeglichenen Haushalte schnell wieder ansteigen, zumal nicht weiterhin mit den hohen kommunalen Steuereinnahmen (Mainz/Idar-Oberstein) gerechnet werden kann. In fünf Jahren wird das Kind dann ganz tief in den Brunnen gefallen sein!

Deshalb kann ich den Unmut in vielen Räten verstehen, die keine Gestaltungsräume finanzieller Art sehen und sich oft fragen, warum soll ich unter diesen Bedingungen im nächsten Jahr für ein kommunales Parlament kandidieren? Den Unmut in der kommunalen Familie, der sich auch in vielen Briefen an uns ausdrückt, haben wir der Regierung und dem Parlament immer wieder deutlich gemacht. Wir haben darauf verwiesen, wer die Akzeptanz der Menschen vor Ort verliert, wird bei zukünftigen Wahlen wenig erfolgreich sein. Wir werden aber weiterhin auch auf Nachbesserungen bestehen. Entscheiden können wir hier allerdings nichts. Wir können nur argumentieren. Ich fordere Sie aber auf: Tragen Sie Ihre aktuellen Probleme Ihren Abgeordneten vor! Vielleicht kommt dann ja wieder etwas Bewegung in die Sache.

Herzlichst

Ihr Aloysius Söhngen,
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 06/2023