Es bleibt zu hoffen, dass sich auch der Koalitionsvertrag am Ende nicht im „klein-klein“ bewegt, sondern zentrale Ziele und Schwerpunkte formuliert und vor allem auch die konkrete Umsetzung und dauerhafte Finanzierung mit aufnimmt.
Das Sondierungspapier der potenziellen Ampelkoalition sieht erfreulicherweise das Ziel der Parteien vor, Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen und dabei auch den hohen kommunalen Investitionsbedarf zu berücksichtigen. So sollen unter anderem Planungsprozesse und Genehmigungen deutlich beschleunigt, die Digitalisierung der Verwaltung vorangetrieben, eine bessere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen angestrebt, die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum gestärkt und Zukunftsinvestitionen, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung, sowie die Infrastruktur im Rahmen der Schuldenbremse gewährleistet werden.
Gut ist, dass dabei auch die kommunale Altschuldenproblematik eine Rolle spielen soll. Der Erfolg der zukünftigen Politik wird maßgeblich davon abhängen, ob das Leben der Menschen in den Städten und Gemeinden tatsächlich besser wird und die kommunale Daseinsvorsorge den Erwartungen der Menschen gerecht werden kann. Wer glaubt, eine erfolgreiche Politik mit den Kommunen am Katzentisch machen zu können, wird scheitern.
Warn- und Alarmierungssysteme erneuern und optimieren
Bedauerlicherweise greift das Sondierungspapier jedoch nicht die Frage auf, wie die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern den zivilen Bevölkerungs- und Katastrophenschutz neu aufstellen kann, um auf zukünftige Gefahren besser vorbereitet zu sein. Nach den schlimmen Erfahrungen aus der Flutkatastrophe im Ahrtal besteht unstreitig Handlungsbedarf, die Warn- und Alarmierungssysteme zu erneuern und zu optimieren. Zahlreiche Sirenen wurden nach dem Fall des Eisernen Vorhangs abgebaut, weil man die Notwendigkeit nicht sah und auf andere Warnsysteme, wie Warn-Apps, vertraut hat.
Jetzt müssen nicht nur ein flächendeckendes Alarmierungssystem wiederaufgebaut, sondern auch die Menschen mit den erforderlichen Verhaltensinformationen versorgt und bestehende Anlagen überprüft und ggf. erneuert werden. Neubaugebiete, einen wesentlich besseren Schallschutz auch in Bestandsimmobilien, auch evtl. Schwerhörigkeit bei älteren Menschen, all dies gilt es, zu berücksichtigen.
Außerdem sollte geprüft werden, ob nicht auch Sirenen zum Einsatz kommen, die neben dem Heulton zusätzliche Sprachtexte ermöglichen. Die nunmehr von Bund und Land bereitgestellten insgesamt 8 Mio. Euro für den Ausbau des Sirenensystems sind ein richtiger Ansatz, können aber nur der Anfang sein. Eine moderne Sirene kostet etwa 22.500 EUR. Mit der letzten Reform des Landesbrand- und Katstrophenschutzgesetzes im Jahr 2018 hatte das Land nur eine Empfehlung an die Kommunen, sich aber gegen eine Festlegung ausgesprochen, um Kostenfolgen für das Land zu vermeiden. Der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger darf aber weder an den Kosten noch an Zuständigkeitsfragen scheitern, sondern ist eine gemeinsame Aufgabe auch des Katastrophenschutzes des Bundes, des Landes, der Landkreise und kreisfreien Städte. Hier brauchen wir in Rheinland-Pfalz endlich klar definierte und optimierte Zuständigkeits-, Abstimmungs- und Kommunikationsstrukturen.
Damit die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Land ihr diesbezügliches Wissen auffrischen und die Strukturen vor Ort anpassen können, wird die Kommunal-Akademie in Kürze fachbezogene Fortbildungen anbieten.
Corona-Perspektiven geben Hoffnung
Für das Leben in unseren Städten und Gemeinden sind die festlichen Anlässe, wie die Weinfeste, St. Martin, Weihnachtsmärkte, Fastnacht oder Karneval, von zentraler Bedeutung. Die Menschen sehnen sich danach, sich wieder zu begegnen, zu feiern und gemeinsam fröhlich zu sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt eine zuverlässige Perspektive bekommen, dass solche Veranstaltungen wieder stattfinden, geplant und praxisnah umgesetzt werden können.
Mit der 27. Corona-Bekämpfungsverordnung sind hier erfreulicherweise gerade im Freien wichtige Schritte zurück zur Normalität vorgesehen. Natürlich ist die Corona-Krise noch nicht beendet, aber die Situation ist doch deutlich anders als vor einem Jahr. Rund 80 Prozent der Erwachsenenbevölkerung sind geimpft und eine Überlastung des Gesundheitssystems zeichnet sich zurzeit nicht ab. Natürlich wird es weiter Hygiene- und Sicherheitsanforderungen geben müssen, auch die Möglichkeit, Veranstaltungen als 2-G-Veranstaltungen durchzuführen, muss es weiterhin geben.
In dem Wissen um die Vernunft der allermeisten Menschen und um das verantwortungsvolle Handeln des größten Teils der Veranstalter können wir uns auf diese Perspektiven freuen.
Bleiben Sie gesund.
Ihr Ralph Spiegler
GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 10/2021