Bericht des Vorsitzenden August 2020


Leider ist die Gefahr der Pandemie noch nicht gebannt. Zu dem Zeitpunkt, an dem ich diese Zeilen schreibe, nehmen die Infektionszahlen auch in Deutschland wieder deutlich zu. Dies zeigt, dass wir uns auf „dünnem Eis“ bewegen. Nur wenn wir uns an die Regeln und die damit verbundenen Einschränkungen - auch im privaten Bereich - halten, werden wir die „zweite Welle“ beherrschbar  halten können.

Diese Einschränkungen betreffen auch die gewohnten Formen des öffentlichen Lebens in unseren Gemeinden und Städten. Wir mussten und müssen auf viele Feste und Veranstaltungen verzichten, die ja in besonderer Weise dazu beitragen,  den Zusammenhalt in Dorf und Stadt zu festigen.
Wir sollten diesen Zusammenhalt auf neue Weise pflegen. Ich setze dabei auf die große Kreativität in unseren Gemeinden und danke denen, die sich in besonderer Weise darum bemühen, den Gemeinsinn unter den neuen Bedingungen zu bewahren. Es gilt Lehren aus dem ersten Lockdown zu ziehen.

Für mich steht dabei das Thema „Digitalisierung“ mit weitem Abstand oben.

In der Vergangenheit habe ich an dieser Stelle regelmäßig auf die Notwendigkeit des Ausbaus der digitalen Infrastruktur auch im ländlichen Raum hingewiesen. Hier bestehen trotz aller Bemühungen der vergangenen Jahre weiterhin erhebliche Defizite. Der Breitbandausbau und auch der Ausbau des G5-Netzes muss deutschlandweit beschleunigt vorangetrieben werden. Es werden auch kurzfristig weitere erhebliche Mittel erforderlich sein und alle staatlichen Stellen müssen ihre Anstrengungen deutlich verstärken.

Aber eine Digitalisierungsstrategie fordert nicht nur, dass wir eine perfekte Infrastruktur,  sozusagen als Hardware aufbauen. Ohne das Erlernen des Umgangs mit den Möglichkeiten der modernen Informations- und Kommunikationstechnik verlaufen alle Bemühungen um Digitalisierung ins Leere. Es nützt z.B. nichts, alle SchülerInnen und Lehrkräfte mit digitaler Technik auszustatten, wenn diese dann mangels Sachverstand aufgrund fehlender Ausbildung nicht genutzt werden kann. Wir müssen konsequent das Knowhow bei den potentiellen Nutzerinnen und Nutzern fördern.

So soll über den Digitalpakt Schule 2019-2024 die digitale Ausstattung der Schulen deutlich vorangetrieben werden. Damit die Schulträger in den Genuss der vom Bund bereitgestellten Mittel kommen können, wurde klugerweise die Vorlage von entsprechenden Medienkonzepten  von den Schulen verlangt. Da die Fördergelder bisher nur spärlich abgerufen wurden, hat man diese Forderung  mittlerweile relativiert, d.h. die Schulen bekommen das Geld und können die Konzepte nachreichen.

Für mich ist das u.a. ein Zeichen dafür, dass den Lehrkräften die notwendige Medienkompetenz einfach fehlt.
Bei der digitalen Ausbildung, Schulung und Betreuung von Lehrenden und Lernenden muss dringend gehandelt werden, sonst verpufft die gut gemeinte Ausstattungsinitiative.

Aber auch wir Verwaltungen bleiben in Sachen Digitalisierung gefordert. BürgerInnen fordern mehr und mehr digital aufbereitete Informationen, digitale Beteiligungsformen an kommunalen Entscheidungsprozessen, aber auch schlichte digitale Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen ohne Brüche!

Darauf sind wir nicht vorbereitet ( mich selbst nehme ich dabei nicht aus ).

Wir müssen vielmehr über digitale Plattformen nachdenken, über die die Verwaltungsvorgänge zukünftig erledigt werden können, aber sollten auch die Vorgänge innerhalb der Verwaltung digitalisieren. (Dies ist weit mehr,  als die Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes zu erfüllen). Digitale Prozesse verbessern die Möglichkeit von Homeoffice-Arbeitsplätzen, was letzendlich dazu beitragen kann, die Attraktivität als kommunaler Arbeitsgeber zu steigern.

Einfache Verwaltungsprozesse werden wir auch mit künstlicher Intelligenz selbstständig von den Rechenmaschinen erledigen lassen können, ohne dass das Auge eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin den Vorgang sieht. (Das schafft mehr Kapazitäten gerade für „knifflige Fälle“, in denen selbstverständlich weiterhin MitarbeiterInnen persönlich zur Verfügung stehen werden).

Dann kann ich, als BürgerIn,  bestimmte Genehmigungen 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche beantragen und erhalten.  „Bei Amazon und Mitbewerbern ist das doch auch möglich, weshalb nicht auch von der öffentlichen Verwaltung?“,  werden die BürgerInnen oder besser KundInnen der Zukunft fragen. Dabei geht es nicht darum, Verwaltungskosten zu sparen, sondern darum, Verwaltungskundenbedürfnisse zu erfüllen, wie dies im Wirtschaftsalltag üblich ist. Dies möchte ich klarstellen!

In diesem Zusammenhang sind den BürgerInnen über digitale Plattformen Beteiligungsmöglichkeiten auch an kommunalpolitischen Vorgängen zu eröffnen, denn von Entscheidungen vor Ort sind die BürgerInnen unmittelbar betroffen und können oft  auch örtliche Kompetenz mit einbringen. So können „Örtliche Apps“ Elemente zu Willensbildungsprozessen sein, sofern zuvor klare Nutzerregeln erarbeitet wurden und diese Apps nicht der reinen „Ortspolitikerbeschimpfung“ dienen.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Anregungen und Vorschläge dieser Art können nicht die Verantwortung der gewählten Ratsmitglieder und der BürgermeisterInnen ersetzen, aber den Entscheidungsfindungsprozess bereichern!
Hier können und müssen kommunale Verantwortliche lernen und probieren.

Chancen, die Sie gerne nutzen sollten, für Sie persönlich und für Ihre Gemeinde.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in einen hoffentlich coronaarmen Herbst und Freude an der Mitarbeit in Ihrer Gemeinde vor Ort.

Herzliche Grüße
Ihr
Aloysius Söhngen

P.S. Ein vielseitiges Seminarangebot, das von wissenschaftlichen MitarbeiterInnen allen Interessierten, Verantwortlichen und ggfls. den zukünftigen Digitalisierungsbeauftragen vermittelt wird, finden Sie auf folgender Internetseite der Kommunalakademie (und mittlerweile auch Onlineakademie)  Rheinland-Pfalz in Boppard: www.akademie-rlp.de.


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 08/2020

Aloysius Söhngen
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes