Die Kandidatensuche war allerdings nicht immer einfach. Das Amt erfordert auch in kleinen Gemeinden einen großen Einsatz und vor allem auch langfristig Verantwortung zu übernehmen. Man wird halt für alles und jedes in Haftung genommen und auf alle Probleme angesprochen, sei es vom Kanaldeckel, der lose ist, über Rentenfragen bis hin zur großen Politik – und das zu jeder Tages- und manchmal auch Nachtzeit. (Kleiner Tipp für diejenigen, die jetzt neu begonnen haben: Weisen Sie Ihre „Kunden“ auch ruhig darauf hin, dass Sie nur Ortsbürgermeisterin oder Ortsbürgermeister sind und nicht Bundeskanzler(in) – auch die kann im Übrigen nicht alles regeln und hat nicht alles zu verantworten! – Manchmal lässt sich auch der Unrat, den man gefunden hat, einfach durch „selber aufheben“ beseitigen und der kommunale Bauhof muss dafür nicht ausrücken).
Trotzdem: Man empfindet auch Zufriedenheit, wenn man etwas bewegen kann für sein Dorf oder seine Stadt. Dafür sollten alle dankbar sein und den Amtsträgerinnen und -trägern den entsprechenden Respekt zollen!
Das „mit dem Respekt zollen“ ist aber heute so eine Sache. Oft ist der Respekt, d. h. die Achtung der Person, abgelöst worden durch einen rüden Umgang mit Amtsträgerinnen und Amtsträgern in der Öffentlichkeit. Freche Kommentare gehören zwar irgendwie immer schon zur politischen, auch der kommunalpolitischen Diskussion und Auseinandersetzung. Hasskommentare und Bedrohungen gehören aber nicht dazu. Ich finde es daher gut, dass die Politik jetzt auch verstärkt handeln will und dies auch strafrechtlich verfolgt werden soll. Wer ein öffentliches Amt ausübt, muss vor Bedrohungen für sich und seine Familie geschützt werden!
In unseren Kommunen ist der Herbst/Winter die Zeit der Haushaltsberatungen. Dann stellt sich die Frage, was können wir als Kommune leisten und was können wir uns leisten? Die finanziellen Spielräume sind seit Jahren eng. Obwohl die Steuereinnahmen aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage in der jüngsten Vergangenheit vielerorts deutlich gestiegen sind und, betrachtet man alle Kommunen in Rheinland-Pfalz, in den letzten beiden Jahren Finanzierungsüberschüsse erzielt wurden, hat die Anzahl der Kommunen mit unausgeglichenen Haushaltsergebnissen deutlich zugenommen.
Dies betrifft vor allem Ortsgemeinden. Das hat u. a. damit zu tun, dass innerhalb des Finanzausgleichs die Mittel nicht wesentlich erhöht wurden und zusätzliche Mittel in den kreisfreien Raum flossen. Andererseits haben sich aber die finanziellen Anforderungen, z. B. im Bereich der Kindertagesstätten, durch sich ständig wachsende Anforderungen hinsichtlich Art und Umfang des Angebots erhöht und werden sich auch weiter erhöhen. Die riesigen Altliquiditätskredite belasten die Kommunen auch weiterhin – und Rheinland-Pfalz ist dabei bekanntermaßen mit an der traurigen Spitze!
Umso erfreulicher ist es, dass der Bund nunmehr im Rahmen und in Folge der Diskussion über „Gleichwertige Lebensverhältnisse im ländlichen Raum“ signalisiert hat, sich maßgeblich am Abbau der Altschulden zu beteiligen, wenn die Länder Gleiches tun. Wir fordern das Land auf, dieses Angebot zu nutzen! Für die betroffenen Kommunen könnte dies die Chance eröffnen, von ihrem „Altschuldensumpf“ befreit zu werden.
Noch eines zeigt sich jetzt bei den Haushaltsberatungen: Über viele Jahre konnte die kommunale Forstwirtschaft einen positiven Beitrag zu den Einnahmen der über 2000 waldbesitzenden Gemeinden leisten. In Folge von Klimawandel und Borkenkäferplage haben sich die Vorzeichen seit dem vergangenen, spätestens seit diesem Jahr umgekehrt. Preisverfall bei enormem Schadholzanfall führt zu negativen Ergebnissen und auch bei vereinzelten Überschüssen ist dies mit erheblichem Vermögensverlust verbunden. Wir sind all denen dankbar, die mit großem Einsatz als Forstbedienstete in unserem Wald Dienst tun und versuchen, die Schäden so gering wie möglich zu halten!
Für die nächsten Jahre müssen wir uns darauf einstellen, dass der Wald zunächst einmal Kosten verursachen wird (dies war übrigens Anfang der 1990er Jahre nach den großen Sturmschäden ähnlich). Wir werden aufforsten und nicht ernten. Dabei stellen sich vor dem Hintergrund des Klimawandels auch neue Herausforderungen. Es kann nicht nur um einfaches Wiederbepflanzen der Flächen gehen, sondern um den Aufbau klimastabiler Wälder. Die Entscheidungen, die wir heute treffen, werden Auswirkungen für Jahrzehnte, ja Jahrhunderte haben! Wir sind dabei auf gute Beratung angewiesen. Auch dies ist mir in zahlreichen Gesprächen in den vergangenen Monaten klar geworden: Es gibt nicht die Baumart, die überall passt. Unterschiedliche Standorte verlangen unterschiedliche Bepflanzungen, zuweilen wird dabei auch das Experimentieren gefragt sein. Vom Land erwarten wir hier dauerhafte Unterstützung! Die wichtigste Maßnahme wäre eine dauerhafte Senkung der Betriebskostenbeiträge. Gesunde und wachsende Wälder sind der wichtigste Beitrag zum Klimaschutz, den die Gemeinden leisten können! Zudem ist unser Wald öffentliches Gut, und dafür sollten dauerhaft öffentliche Gelder bereitgestellt werden!
Zum Schluss bedanke ich mich herzlich für die zahlreiche Teilnahme an unserer Mitgliederversammlung im November in Bingen. Das war toll und eine große Unterstützung für unsere Arbeit als Gemeinde- und Städtebund! Das hier diskutierte Thema „Mobilität“ wird uns noch viele Jahre begleiten. Auch bei diesem Thema gibt es nicht die Lösung. Auch hier werden wir vieles ausprobieren müssen, denn die dünn besiedelten ländlichen Räume verlangen andere Maßnahmen als stadtnahe Gemeinden in Ballungsräumen. Ich bin davon überzeugt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Versammlung mit vielfältigen Anregungen nach Hause gefahren sind.
Liebe Leserinnen und Leser, Sie sehen, es gibt viel zu tun. Packen Sie/wir es an! Ihnen und Ihren Familien wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und uns allen gemeinsam ein gutes und friedvolles Jahr 2020.
Herzlichst
Ihr
Aloysius Söhngen
GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 12/2019
Aloysius Söhngen
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes