Bericht des Vorsitzenden August 2019


Dieser Sommer war wieder einmal sehr heiß - und das nicht nur wegen der extrem hohen Temperaturen. Diese wiederum haben uns das wichtigste Thema der nächsten Jahre drastisch vor Augen geführt: den Klimawandel. Temperaturen bis 40 Grad in unseren Breiten sind extrem und zeigen deutlich an, dass sich z.Zt. Grundlegendes verändert und wir darauf reagieren müssen, auch auf kommunaler Ebene!

Wald

Am augenfälligsten werden für uns die Probleme bei einem Ökosystem, das eigentlich extrem langfristig reagiert: dem Wald. Die Dürre und die fehlenden Niederschläge der vergangenen Winter haben unsere Bäume derart geschwächt, dass alleine in unserem Land in diesem und im vergangenen Jahr mehr als drei Millionen fm Schadholz anfallen werden (was die Preise in den Keller treibt, wenn Holz überhaupt noch vermarktbar ist). Besonders betroffen sind die Fichtenbestände, aber auch Buchen und andere Baumarten sind mittlerweile geschädigt.

Es wird immer deutlicher: der Klimawandel erfordert einen Umbau unseres Waldes.

Dies ist ein mittel- bis langfristiger Prozess. Zum einen ist es notwendig, den neuen Klimabedingungen angepasste Wälder aufzubauen und zum anderen brauchen wir stabile Wälder auch als CO2-Senker.

Für die Gemeinden, als die größten Waldbesitzer in Rheinland-Pfalz, wird dies in den nächsten Jahren zusätzlicher „Finanzstress“ bedeuten. Zunächst einmal entfällt der Wald aufgrund der niedrigen Preise und der mittelfristigen Marktsituation als „Sparkasse“ zur Finanzierung örtlicher Investitionen. Zweitens aber werden hunderte Millionen bzw. Milliarden Euro erforderlich sein, um den zerstörten Wald wieder aufzubauen.

Das werden die kommunalen Waldbesitzer nicht ohne erhebliche staatliche Hilfe leisten können.

Angesichts der diversen „Waldgipfel“ des Sommers von Bund und Land scheint sich einiges zu bewegen. Es wird entscheidend sein, wie groß hier die Bereitschaft ist, finanziell zu helfen. Dies ist auch notwendig, denn Wald ist einfach mehr als Privatbesitz. Seine Wirkung als „Klimahelfer“, als „Artenschützer“, als „Erholungswald“ für uns alle ist nicht zu unterschätzen und rechtfertigt, öffentliches Geld für die öffentlichen Leistungen des Waldes einzusetzen. Es muss der Grundsatz gelten „öffentliches Geld für öffentliche Güter“!

Gleichwertige Lebensverhältnisse

Im Juli, rechtzeitig vor den Parlamentsferien, hat die Bundeskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ unter Vorsitz des Bundesministers Horst Seehofer und Co-Vorsitz der Bundesministerinnen Julia Klöckner und Dr. Franziska Giffey ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der Bericht beinhaltet eine Vielfalt von Vorschlägen, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland zu verbessern und ungleiche Lebensverhältnisse vor einer Verfestigung zu bewahren. Diese reichen von Altschuldenregelung bis hin zur Digitalisierung. Allerdings bleibt man im Unverbindlichen, solange die vielen Vorschläge nicht mit Finanzmitteln unterlegt werden. Trotzdem ist es aus meiner Sicht ein wichtiger und richtiger Ansatz, die Problematik ländlicher Räume auf Bundesebene aufzugreifen. Die Mehrzahl der Menschen in Deutschland lebt im „ländlichen Raum“, wobei dieser ein breites Spektrum von urban geprägten Metropol-Randräumen bis zu sehr dünn besiedelten Regionen umfasst mit sehr unterschiedlichen Problemlagen.

Der politische Diskurs jedoch ist urban geprägt.

Bedrohung von kommunalen MandatsträgerInnen

Ein anderes Thema, das uns sehr betroffen macht, ist die Bedrohung von kommunalen MandatsträgerInnen, MitarbeiterInnen von Verwaltungen und Einsatzkräften der Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen. Der Mord an Walter Lübcke ist da die Spitze des Eisbergs. Zunehmend beobachten wir eine Verrohung der Sprache im Zusammenhang mit politischen Entscheidungen, die in eine „Hasssprache“ gegen verantwortliche EntscheidungsträgerInnen mündet.
Nun hat es zu allen Zeiten Menschen gegeben, die sich zuweilen einer derben oder deftigen Umgangssprache bedienten, wenn sie politische Tatbestände kommentierten oder mit Verwaltungsentscheidungen nicht einverstanden waren; das ist sozusagen kommunaler Alltag.

Mittlerweile ist hier aber eine neue Qualität entstanden, die vor allem durch die Nutzung und die Anonymität der sozialen Medien befeuert wurde und wird. Vor allem die persönlichen Angriffe bis hin zu Gewalt- und Morddrohungen steigen stetig. Umfragen unter kommunalen Mandatsträgern auf Landes- wie auf Bundesebene bestätigen diesen schlimmen Trend. Die Fälle Lübcke, Rieker, Gummer  u.a. belegen: aus Drohungen können Taten werden.

Sicherlich kann und muss man als „Person des öffentlichen Lebens“ einiges ertragen. Manches erledigen wir auch einfach über den Papierkorb. Im Fall von persönlichen Angriffen gegen Leib und Leben müssen wir aber umdenken. Drohbriefe und  -mails und ähnliches müssen wir konsequent zur Anzeige bringen. Es gilt: wehret den Anfängen!
Deshalb ist es auch richtig, dass beim Landeskriminalamt eine Hotline eingerichtet wurde, die man bei derartigen Angriffen nutzen sollte. Es geht darum, diejenigen zu schützen, die sich in besonderer Weise für das Gemeinwohl einsetzen. Jeder potenzielle „Angreifer“ muss damit rechnen, zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Beleidigungen und Bedrohungen sind keine Kavaliersdelikte!

Politik - und auch Kommunalpolitik - lebt von der offenen Diskussion über Probleme und deren Lösung. Anfeindungen und Hassmails gehören nicht dazu, sondern schrecken Menschen davon ab, Verantwortung zu übernehmen. Unser Gemeinwesen braucht aber eine offene und vielfältige Diskussion und viele Menschen, die sich ohne Angst daran beteiligen! Das macht demokratische Gemeindearbeit so interessant und erfolgreich.

Herzliche Grüße
Ihr

Aloysius Söhngen


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 08/2019

Aloysius Söhngen
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes