Bundesregierung: Handlungsfähige Regierung für Deutschland – weitere Hängepartie vermeiden


Erstmals findet sich in einem Koalitionsvertrag der Grundsatz „wer bestellt, bezahlt“ für das Verhältnis zwischen Bund und Kommunen.

Auch über 2018 hinaus wird sich der Bund gemäß einer Forderung des GStB mit 2 Milliarden EUR jährlich an den Integrationskosten beteiligen. Ein positives Signal, wenngleich der Betrag die tatsächlichen Kosten nicht decken wird. Wir erwarten allerdings, dass diese Gelder auch tatsächlich bei den Kommunen ankommen. Die Versorgung, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die aber in den Kommunen bewältigt wird.

Die verstärkte Förderung des sozialen Wohnungsbaus, ein Bauplanungsbeschleunigungsgesetz und ein Baukindergeld (1200 EUR pro Kind und Jahr) sind zusätzliche Chancen für den Wohnungsmarkt. Die Arbeitsgruppe für Kommunen verständigte sich auf eine Grundsteuer C, mit welcher ungenutztes Bauland stärker besteuert werden soll. Das künftige Fördersystem soll sich den Angaben zufolge allein an der Strukturschwäche einer Region orientieren. Gerade mit Blick auf die Leerstände in Innerortslagen wird für die Entwicklung vieler Orte darauf zu achten sein, dass die Förderungen nicht nur Neubauprojekte, sondern auch die Herrichtung älterer Gebäude in den Blick nehmen.

Erfreulich ist das Bekenntnis der Koalitionäre zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse auch im ländlichen Raum. Förderprogramme sollen nach Bedarf und nicht nach Himmelsrichtungen organisiert und umgesetzt werden. Auch die Weiterentwicklung und Flexibilisierung der GAK-Mittel ist vorgesehen. Das bringt zusätzliche Chancen für die ländlichen Regionen in Rheinland-Pfalz, die verkehrliche Anbindung und die Überwindung von Strukturschwächen, wenn die Ziele auch finanziell entsprechend unterlegt werden.

Die Koalitionäre wollen den Breitbandausbau in Deutschland mit bis zu 12 Milliarden EUR vorantreiben. Hier wird es maßgeblich auf das "Wie" ankommen. Ein Rechtsanspruch auf schnelles Internet ab dem Jahr 2025 kann schnell zum Gegenteil der Absicht führen, den Ausbau voranzutreiben. Private Telekommunikationsunternehmen könnten mit dem Ausbau abwarten, bis sie durch den Bundesgesetzgeber im Zuge des gesetzlichen Rechtsanspruchs den Auftrag zum Ausbau und eine finanzielle Entschädigung erhalten. Dies wäre unweigerlich der Abschied vom marktgetriebenen Breitbandausbau. Sinnvoll ist daher, den bisherigen Ausbau bis in die Straßen zu fördern und somit gemeinsam mit der neuen 5G-Technologie die beste Hebelwirkung zu erzielen. Breitband ist das Fundament der Digitalisierung und kann dazu beitragen, auch die ländlichen Regionen als Wirtschaftsstrandort zu stärken. Es muss daher vorrangig sichergestellt werden, dass die bislang unterversorgten Regionen und die dortige Infrastruktur schnell ausgebaut werden. Unklar bleibt, wie die 12 Milliarden EUR für den Breitbandausbau bereitgestellt werden sollen.

Die vorgesehene Investitionsoffensive in Schulen und in digitale Bildung (3,5 Milliarden EUR) sind wichtige Schritte, von denen auch die Kommunen in Rheinland-Pfalz profitieren werden. Aber auch hier gilt: Das Geld muss bei den Kommunen ankommen.

Kritisch zu sehen ist der geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern. Es kann nur davor gewarnt werden, bei den Bürgerinnen und Bürgern Erwartungen zu wecken, die derzeit nicht erfüllt werden können. Ein Rechtsanspruch setzt eine auskömmliche Finanzierung voraus, Personal und Räumlichkeiten müssen vorhanden sein. Ein bedarfsgerechtes Angebot für Kinder im Grundschulalter ist wichtig und gehört mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch auf die politische Agenda. Über einen Rechtsanspruch kommt man diesem Ziel aber nicht näher. Gerade die Erfahrungen bei der Einführung des „kostenlosen Kita-Platzes“ haben gezeigt, wie groß die Gefahr ist, dass eine komplette Gegenfinanzierung für die Kommunen nicht realisiert wird und das Personal schlichtweg nicht vorhanden ist.

Als politische Absichtserklärung der Koalitionsvereinbarungen bleibt abzuwarten, wie in der konkreten Umsetzung die kommunalen Interessen gewahrt bleiben.

Kommunalfinanzen in Rheinland-Pfalz

Und auf der Landesebene? Hier sieht der aktuelle Gesetzesentwurf des Landesfinanzausgleichsgesetzes lediglich eine Umschichtung – im Wesentlichen von der Ebene der Verbandsgemeinden auf die der kreisfreien Städte und Kreise – vor, die von den hohen Sozialausgaben entlastet werden sollen. Allein für die Ebene der Verbandsgemeinden würde das Mindereinnahmen von 27 Millionen EUR bedeuten. Dieser Entwurf wird von der gesamten kommunalen Familie einhellig und entschieden abgelehnt.

Das Land muss endlich der Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2012 nachkommen und den kommunalen Finanzausgleich aufgabengerecht ausstatten. Dazu gehört auch, sachfremde Belastungen aus dem Finanzausgleich zu entfernen und so den Finanzausgleich für seine ureigenen Aufgaben zu stärken. Erforderlich sind zudem wirklich spürbare Entlastungen insbesondere im Sozial- und Jugendhilfebereich. Hier werden letztlich über die Umlage alle kommunalen Ebenen mit deutlich über 2 Milliarden EUR belastet.

Mit der Unterfinanzierung der Kommunen durch das Land bleiben dringend notwendige Investitionen in die kommunale Infrastruktur auf der Strecke, sei es im kommunalen Straßenbau, bei der digitalen Infrastruktur, im Schulbereich, oder bei der Ertüchtigung des ÖPNV. Hier ist aber das Land gefordert.

Herzlichst

Ihr Ralph Spiegler


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 02/2018

Ralph Spiegler
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes