Bericht des Vorsitzenden Juni 2016


Bekanntmachungen und anderes für das Dorf Wichtige verlas der Gemeindediener mit der Dorfschelle; er war sozusagen das Zentralorgan des Dorfes.

Vor 50 Jahren war dies Alltag in vielen unserer Dörfer.

Heute existieren in den mittlerweile mit anderen zusammen gelegten Gemeinden keine Lebensmittelläden mehr und auch die Bekanntmachung mit der Dorfschelle ist Nostalgie!

Heute versorgt man sich mit dem Nötigsten im Mittelzentrum. „Fliegende“ Bäcker und Metzger kommen – vielleicht – vorbei; aber Paketdienste, Kuriere und anderes mehr geben sich die Türklinken in die Hand. Mit den immer weiter verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten ist ein Produkt bei einem Händler aus China „bequemer“ einzukaufen, als bei einem Händler in der Region, ist die Nachricht von einem Bekannten aus Tokio schneller und eher an den Mann oder die Frau gebracht, als die vom Nachbarn am Zaun. – Und dies natürlich mit Foto und Video, damit sie via Facebook oder WhatsApp schnell im „Freundeskreis“ weiter verbreitet werden kann.

Für die Zukunft unserer Dörfer und des gesamten ländlichen Raumes ist es aber entscheidend, wie wir uns in dieser „Neuen Welt“ organisieren.

Zunächst einmal ist es überhaupt wichtig, dass wir die Infrastrukturen hierfür realisieren; deshalb ist „schnelles Internet der nächsten Generation“ für alle das wichtigste Infrastrukturprojekt überhaupt! Und zwar nicht nur dort, wo es sich „rechnet“, sondern als ein zentraler Bereich der Daseinsvorsorge.

Denn eines ist klar: „Alle Dienstleistungen werden künftig digital organisiert sein, oder es wird sie nicht geben.“

Ausdrücklich begrüßen wir daher, dass der Bund und das Land bis zum Jahr 2020 hierauf einen Schwerpunkt legen wollen.

Aber wir sollten uns auf die Möglichkeiten der schnellen digitalen Kommunikation einstellen.
Das gilt nicht nur für Verwaltungen mit „e-government“ oder schöne,  funktionsfähige, touristische Websites, es gilt vor allem für „dörfliche soziale Netzwerke“.

Junge Menschen organisieren sich heute wie selbstverständlich über Facebook oder andere soziale Netzwerke (was aus meiner Generation nicht jedermanns „Sache“ ist). Nachrichten aller Art und fürchterlich viel Unsinn werden darüber verbreitet, aber sie eignen sich hervorragend zur Selbstorganisation von Gruppen aller Art von der Feuerwehr, dem Sportverein, dem Kegelclub, und, und, und.

Wir müssen überlegen, wie derartige Strukturen auch für andere alltägliche Dinge im Dorf nutzbar sind.

Deshalb beobachte ich mit besonderem Interesse und Engagement das Projekt „Digitale Dörfer“ des Landes Rheinland-Pfalz in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut aus Kaiserslautern.

Im Rahmen von zwei „Pilot-Projekten“ in Betzdorf und Eisenberg/Göllheim geht es z.B. darum, Nahversorgung, ehrenamtliches Engagement und Nachbarschaftshilfe mit einander zu verbinden – wirklich spannend!

An anderen Stellen wird es darum gehen, aus dem „Home-Office“, das in Deutschland wenig genutzt wird, ein „Co-Working-Office“, ein gemeinsames Büro für Angestellte, die bei verschiedenen Firmen angestellt sein können, im Dorf zu entwickeln.

Das bedeutet, dass man z.B. bei einer KiTa einen „Büro-Raum“ schaffen könnte. Dort könnten junge Mütter/Väter in unmittelbarer Nähe ihrer Kinder arbeiten und sozialen Kontakt mit „Kollegen/innen“ pflegen – das wäre doch toll!

Vielleicht lässt sich auch Nachbarschaftshilfe so ganz einfach organisieren. Wenn etwa alte Menschen ohne Angehörige Unterstützung benötigen; sie müssten dann nicht sofort den „Hausnotruf“ beim DRK aktivieren.

Sie sehen, die Möglichkeiten sind vielfältig und spannend. Wir sollten sie gemeinsam erkunden, damit wir  die Vorteile unserer Dörfer auch  jungen Familien vermitteln und soziale Nähe mit technischem Fortschritt verbinden.

Echte Chancen tun sich hier auf!

Überlegen Sie, was für Ihr Dorf oder Ihre Stadt passen könnte!

Herzliche Grüße
Ihr
Aloysius Söhngen
Vorsitzender


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 06/2016

Aloysius Söhngen
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes