Mit diesem Sommer 2016 ist dies aber irgendwie anders. Die Sache mit dem Sonnenschein hat nicht so richtig geklappt. Der Sommer war nass und es gab nur wenige Sommertage.
Aber auch ansonsten haben uns die Nachrichten auf Trab gehalten. Irgendwie wollte sich keine Erholungsphase einstellen.
Unsere Gemeinden waren auch in diesem Sommer stark gefordert. Die Starkregen haben vielerorts zu großen Schäden geführt. Bächlein wurden zu reißenden Flüssen, die Häuser, Autos und ganze Straßen zerstörten. Unsere Hilfsorganisationen wie Feuerwehr, Technisches Hilfswerk haben sich bewährt. Zusammen mit freiwilligen Helfern, die solidarisch beherzt mit anpackten, wurde überall schnell und unkompliziert geholfen. Hier bewährte sich manch gute Nachbarschaft und Dorf-/Stadtgemeinschaft - RESPEKT! Diese große Hilfsbereitschaft und schnelle Reaktion unserer Ehrenamtlichen hat wieder einmal bewiesen, dass unsere dörflichen Strukturen in Rheinland-Pfalz hervorragend funktionieren.
Schnell waren so erste Schäden beseitigt. Mit anderen und größeren Schäden werden wir aber noch länger beschäftigt sein. Hier gilt es, vor Ort Gefahrenquellen zu erkennen und zu beseitigen.
Gemeinden und Städte müssen sich künftig immer häufiger und ohne längere Vorwarnzeiten auf Extremwetterereignisse und deren schlimme Folgen einstellen. Wir dürfen jetzt in unseren kommunalen Gremien nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sonst holt uns das nächste Starkregenereignis schneller ein, als wir denken... Und dann? Bereits heute vergrößern viele Gemeinden und Städte z.B. durch die Steuerung der Flächennutzung und Siedlungsentwicklung die Rückhalteräume für das Wasser, um so das Schadenpotential zu vermindern. Dabei sind allerdings die konkreten Rahmenbedingungen vor Ort wie Lage, Topografie oder bisherige Ortsentwicklung zu berücksichtigen. Auch Hochwasserpartnerschaften, in denen mehrere Kommunen zusammenarbeiten, leisten einen wichtigen Beitrag, denn das Wasser macht nicht an der Gemeindegrenze halt. Nutzen Sie vor Ort auch die Kompetenz der Fachbehörden oder unserer "Hochwasserschutzmitarbeiterinnen" im Gemeinde- und Städtebund, die seit Jahren an dem Thema arbeiten. Es lohnt sich!
Weil sich die Schäden räumlich jeweils auf einige Punkte konzentrieren, aber grundsätzlich jeder getroffen werden könnte, ist auch überörtliche Solidarität zu organisieren! Ich bin mir sicher, dass wir auf Dauer nicht auf eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden werden verzichten können. In der derzeitigen Situation wird jeder abschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit er Opfer eines Elementarschadensereignisses werden könnte; in der Folge versichern sich nur hohe Risiken und die Versicherungsbeiträge werden unbezahlbar. Mit einer Pflichtversicherung wie sie bereits gegen Feuer besteht, würde sich das ändern!
Aber nicht nur das schlechte Wetter war diesen Sommer für uns bestimmend. Auch andere Themen dieses etwas unerfreulichen Sommers haben Bedeutung für die Kommunen und sie sollten auch von den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern im Land und im Bund aufmerksam analysiert werden.
Nehmen wir das Beispiel "Brexit". Mit knapper Mehrheit von 51,9 Prozent haben die Briten für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. In Rheinland-Pfalz haben die Fragen der direkten Bürgerbeteiligung und von Volksentscheiden in der letzten Wahlperiode des Landtags eine landespolitisch wichtige Rolle gespielt. Sie bescherten uns mit dem Landesgesetz zur Verbesserung direktdemokratischer Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene niedrigere Quoren bei Bürgerentscheiden, die Ausweitung der Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen. Ein Gesetz, das die kommunale Praxis erschwert und im Zuge dessen man jetzt an einer Verwaltungsvorschrift bastelt, um das Gesetz für die kommunale Praxis handhabbar zu machen?!
Die Diskussion über mehr direkte Demokratie ist ein wenig leiser geworden. Sie ist eben nicht unbedingt die bessere Demokratie. Es spricht schon vieles dafür, dass gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten der Bürgerinnen und Bürger in den Parlamenten, egal ob staatlich oder kommunal, sich intensiv mit einer Frage beschäftigen und dann eine abgewogene Entscheidung in der Sache treffen. Denn dabei wägen diese auch ab, welche Auswirkungen die Entscheidung (in der einen Angelegenheit) auch auf andere Fälle hat. Es lässt sich eben nicht jede Frage auf ein einfaches „Ja“ oder „Nein“ reduzieren. Die Welt ist dummerweise nun einmal sehr komplex, auch die kommunale Welt, und "Bauchentscheidungen" ersetzen keine "Hirnarbeit", und "Liken" ersetzt kein Denken und keine persönliche Diskussion mit anderen kundigen Menschen.
Hier könnte der unerfreuliche Sommer hoffentlich heilsame Erkenntnis gebracht haben!?
Erschrocken und betroffen haben uns die terroristischen Anschläge in diesem Sommer. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese politisch oder religiös "motiviert", oder vor dem Hintergrund einer psychischen Erkrankung zu "erklären" sind. Gleichzeitig müssen wir erkennen, dass es unmöglich ist, absolute Sicherheit vor derartigen Anschlägen zu erlangen (auch nicht durch Grenzzäune!). Unser Lebensstil setzt Weltoffenheit voraus. Das wiederum führt auch zu Verwobenheit mit der ganzen Welt. Was wir aber brauchen, ist eine verbesserte "Sicherheitsarchitektur". Wir müssen offen darüber diskutieren, was wir tun können, um die Gefahren zu verringern. Wir müssen überlegen, wieviel Eingriff auch in unsere Privatsphäre wir in Kauf nehmen können/müssen, um "Gefährder" früher zu erkennen. Wir werden auch mehr Polizistinnen und Polizisten benötigen, um auch vor Ort ein größeres "Sicherheitsgefühl" zu schaffen. Und das wird Geld kosten, das für andere, auch für kommunale Aufgaben, nicht mehr zur Verfügung steht.
Eines hat der Sommer bislang nicht gebracht: Einen neuen großen Flüchtlingsansturm wie im letzten Herbst. Doch wenn wir die Situation im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika, den gescheiterten Putschversuch in der Türkei betrachten, der auch hohe Wellen in der deutschen Innenpolitik schlägt, wird allzu deutlich, wie fragil die außenpolitische Situation ist. Hinzu kommt ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat, der im Falle seiner Wahl nicht unbedingt zu stabilen Verhältnissen beitragen wird.
Im Rahmen der Flüchtlingspolitik rückt nun mehr und mehr die Frage in den Vordergrund, wie wir die Menschen, die zu uns gekommen sind, dauerhaft in unsere Gemeinden integrieren können. Das Integrationsgesetz, das unter dem Leitwort steht: FORDERN UND FÖRDERN muss mit Leben gefüllt werden. Hier sind die örtlichen Verwaltungen, aber auch die Zivilgesellschaft gefordert!
Ich hätte mir hier gewünscht, dass man auch in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit der "Wohnsitzauflage" , bei allen Schwierigkeiten, die sie mit sich bringt, nutzen könnte; die Integrationsmaßnahmen könnten viel personenbezogener und erfolgreicher sein, vor allem in ländlichen Gemeinden. So, befürchte ich, wandern viele in die "Parallelgesellschaften" der großen Städte ab und werden dort eben nicht integriert! Für eine persönliche Integration sind unsere ländlichen Räume besser geeignet!
Nach dem unruhigen Sommer, der ja keiner war, wünsche ich uns allen wieder einen guten Start in den kommunalen Alltag des Herbstes und Ihnen allen viel Erfolg bei den anstehenden Aufgaben und Entscheidungen in Ihrer Ortsgemeinde, Stadt und Verbandsgemeinde.
Herzlichst
Ihr
Aloysius Söhngen
GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 08/2016
Aloysius Söhngen
Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes