1653 wurde Neuwied von Graf Friedrich III. zu Wied (1618-1698) gegründet. Den Bürgern räumte er eine Reihe für die damalige Zeit bemerkenswerter Freiheitsprivilegien ein, von der die Religionsfreiheit wohl das bedeutendste war. Die großzügigen Rechte bewirkten den angestrebten stärkeren Zuzug von Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft in die nur langsam wachsende Stadt, was schließlich auch für wirtschaftlichen Aufschwung sorgte. Bis heute lebt in Neuwied eine große Zahl verschiedener Glaubensgemeinschaften.
Das tolerante Klima der in einem nach wie vor sichtbaren Schachbrettmuster angelegten Stadt war rund 200 Jahre später unter Graf Johann Friederich Alexander (1706-1791) augenscheinlich auch der Nährboden für eine deutschlandweit einzigartige Pressefreiheit. Was dazu führte, dass hier vorübergehend gleich mehrere Zeitungen erschienen. Neuwied hat eine lange Tradition als überregionaler Wirtschaftsstandort: Die Eisen- und Stahlindustrie spielte von Beginn an eine zentrale Rolle. Das Metallunternehmen Rasselstein stellte 1834 die Schienen für die erste Eisenbahnstrecke in Deutschland zwischen Nürnberg und Fürth her. Neuwied war also Teil des industriellen Aufschwungs im 19. und 20. Jahrhundert und galt als mittelrheinisches Industriezentrum.
Allerdings beschränkte sich die industrielle Prägung nicht allein auf das Unternehmen Rasselstein, das den Standort Neuwied nach rund 250 Jahren unlängst aufgegeben hat, oder auf die 1925 stillgelegte Hermannshütte mit ihren rund 480 Mitarbeitern. Vor allem die Bimsindustrie mit etwa 800 Betrieben und annähernd 6.000 Beschäftigten im Neuwieder Becken war ein weiterer wichtiger Faktor. Da die Bimsvorkommen mittlerweile weitgehend erschöpft sind, hat der Industriezweig maßgeblich an Bedeutung verloren.
Heute ist die Stadt trotz der Einbrüche bei Stahl und Bims und trotz des Strukturwandels im Zuge der Globalisierung, der natürlich auch in Neuwied Spuren hinterlassen hat, ein bedeutendes Wirtschaftszentrum zwischen Bonn und Koblenz mit teils international tätigen Unternehmen.
Wichtige Säulen kommen aus dem produzierenden Gewerbe ebenso wie aus dem Bereich sozialer Dienstleistungen. Die große Zahl mittelständischer Unternehmen macht den Standort zudem unabhängiger gegenüber Konjunkturschwankungen. So verfügt Neuwied über ein nennenswertes Arbeitsplatzpotenzial. Es stehen mehr Arbeitsplätze zur Verfügung, als von den Bürgern nachgefragt werden, wie der positive Pendlersaldo belegt.
Erwähnter Strukturwandel in Kombination mit verändertem Konsumverhalten vor allem durch den rasant wachsenden Online-Handel ließen auch die Innenstadt von Neuwied nicht unberührt. Daher hat die Verwaltung mehrere Initiativen ergriffen zur Attraktivitätssteigerung der City als Herz von Neuwied. Dazu gehören bauliche Projekte mit maßgeblicher Unterstützung durch das Bund-Länder-Programm „Aktive Stadtzentren“ ebenso wie das Engagement des „Netzwerks Innenstadt“ unter anderem mit Vertretern von Verwaltung, Wirtschaft, weiteren Organisationen und vor allem mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. In der ersten Phase der Netzwerk-Arbeit wurden mehr als 50 Projektideen gesammelt.
Den Fokus etwas stärker auf die Innenstadt zu richten, bedeutet für die Verantwortlichen aber nicht, die Stadtteile aus dem Blick zu verlieren. Das heutige Neuwied ist 1970 im Rahmen der Gebietsreform durch den Zusammenschluss mit umliegenden Gemeinden entstanden. Diese heutigen Stadtteile, die vielfach weitaus älter sind als die Kernstadt, haben ihren eigenen Reiz bewahrt und machen so die lebendige Vielfalt des Gemeinwesens aus. Ihre Identität zu erhalten und zu fördern, ist eine weitere wichtige Aufgabe und erklärtes Ziel.
Neuwieds Einwohnerzahl hält sich seit 2016 wieder stabil knapp oberhalb der 65.000-Marke. Am 30. Juni 2018 hatten 65.641 Menschen ihren Hauptwohnsitz in Neuwied. Bemerkenswert ist, dass in der Innenstadt mit dem früher eigenständigen Heddesdorf 23.677 Einwohner leben; zwei Drittel der Einwohner leben aber in den halbkreisförmig um den Kern gelegenen zwölf Stadtteilen.
Mit der Stadtentwicklungsstrategie 2030 hat die Stadt Neuwied mit professioneller Begleitung und mehrfacher Einbindung der Bürger in den Prozess ein Handlungskonzept für die nächste Dekade und darüber hinaus entworfen. Zentrales Entwicklungsziel dabei ist, die Einwohnerzahl zu steigern oder zumindest auf dem jetzigen Niveau zu halten. Die Realisierung dieser ehrgeizigen strukturpolitischen Vorgabe ist natürlich an ein Bündel von zu schaffenden Rahmenbedingungen geknüpft – von einem ausreichenden Angebot an Kindertagesstätten-Plätzen über eine entsprechende Bildungslandschaft, genügend Arbeitsplätzen bis hin zu einem interessanten Freizeitangebot.
Aktuell verfügt Neuwied über eine beachtliche Zahl von Bildungseinrichtungen. So werden die allgemeinbildenden Schulen ergänzt durch ein breites Angebot an berufsbildenden Schulen. Einen Namen gemacht hat sich die Stadt als Standort von Förderschulen und einem landesweit einzigartig engen Netz an sozialen Einrichtungen, die Menschen mit Beeinträchtigungen Perspektiven bieten. Angestrebt wird die Ansiedlung einer Hochschule.
Besucher wie Bürger finden in Neuwied vielfältige Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Von dem breiten Angebot der zahlreichen Vereine über ausgedehnte Grünzonen an dem Zusammenfluss von Rhein und Wied mit attraktivem Wanderwegenetz, interessante historische Bauten wie Schloss Engers und die Abtei Rommersdorf, bis hin zum größten Zoo in Rheinland-Pfalz. Erwähnenswert sind auch die vielen hochkarätigen Veranstaltungen vom Currywurst-Festival Ende Januar bis zum Knuspermarkt in der Weihnachtszeit.
Weitere Informationen: www.neuwied.de
Beitrag aus Gemeinde und Stadt 08/2018