Ein Bach als Namensgeber
Oberkail war bereits in der Mittelsteinzeit vor 9.000 Jahren besiedelt, wie aus umfangreichen Funden steinzeitlicher Werkzeuge hervorgeht. Es gab einen Wohn- und Werkplatz, an dem steinerne Werkzeuge für die gesamte Region zwischen dem heutigen Belgien und dem Rhein hergestellt wurden. Die Römer waren die nächsten, die Oberkail besiedelten. Oberhalb des Kailbaches, vom dem der Ort seinen Namen erhalten hat, sind römische Grabstätten und auch Teile römischer Bauten entdeckt worden. Die mittelalterliche Geschichte Oberkails als Teil der Grafschaft Manderscheid beginnt mit der ersten urkundlichen Erwähnung des „Hofes zu Keyle“ im Jahre 1201, der ab 1339 zur Burg erweitert wurde. Um 1400 verlegte der Manderscheider Graf seinen Wohnsitz in die Oberkailer Burg. In der Folgezeit avancierte Oberkail zu einem bedeutenden Eifelort.
Französische Revolutionstruppen beendeten 1794 die Grafenherrschaft. Das Oberkailer Schloss wurde ab 1809 größtenteils zu Wohnungen umgebaut. Aber bis heute genießen die Bewohner die Atmosphäre der Wohnungen in „ihrem Schloss“. Denn die äußere Form des ehemaligen Schlosses kann bei näherem Betrachten noch erkannt werden, zumal der Toreingang und Teile des Schlossinnenhofes bis heute vorhanden sind. Mit der Einverleibung der linksrheinischen Gebiete in das Königreich Preußen ab 1814 entstand die Bürgermeisterei Oberkail, die als spätere Verbandsgemeindeverwaltung bis 1970 kommunalpolitisch für sechs Orte zuständig war. Heute gehört Oberkail zur Verbandsgemeinde Bitburger Land.
Oberkail ging in die Musikgeschichte ein
Das Ortsbild wird von vielen Besuchern als sehr ansprechend empfunden. So hat die dörfliche Atmosphäre 2017 den amerikanischen Musiker Matthew Moreland zu einem Song inspiriert, als er im Bitburger Land zu Gast war. Und obwohl er auch Städte wie Trier und sogar Amsterdam bereiste, wurde Oberkail am Ende der Ort, dem er seinen Song widmete. „Ich hab alles daran geliebt“, erzählt der damals 25-Jährige: „Ich kann ehrlich sagen, dass ist in Deutschland der schönste Ort, den ich je gesehen habe.“ In den Jahren 1989 bis 1997 ist Oberkail dreimal Kreissieger im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden – unser Dorf hat Zukunft“ geworden. 2017 wurde Oberkail sogar rheinland-pfälzischer Landeszweiter in diesem Wettbewerb.
Mehrere Ferienwohnungen bieten Urlaubern einen hervorragenden Ausgangspunkt für ausgedehnte Wanderungen in den umliegenden Wäldern oder für Ausflüge in den Eifelpark Gondorf, zur Abtei Himmerod oder für Stadtbesichtigungen in Trier oder Luxemburg. Aufgrund der guten Verkehrsanbindung an die A60 ist Oberkail bequem zu erreichen.
Den Reizen der Burgstraße erlegen
Überregional bekannt wurde Oberkail in den letzten Jahren durch seine „Adventliche Burgstraße“, einem Weihnachtsmarkt im romantischen Ambiente. Dieser Markt findet alle zwei Jahre am zweiten Dezemberwochenende statt. Die Burgstraße ist ein Straßenzug, der auf der ehemaligen Wasserburg und dem Schloss Oberkail begründet ist. Hier stehen viele historische Gebäude, die dem Markt das unverwechselbar heimelige Flair geben. Im romantischen Ambiente von Scheunen, alten Gebäuden und Weihnachtsmarkthäuschen bieten über fünfzig Aussteller, die ihre Produkte in den unterschiedlichsten Techniken ausschließlich in Handarbeit herstellen, ausgefallene Geschenkideen und wunderschöne Unikate an. Das Angebot umfasst liebevolle Näharbeiten, Filzobjekte, Papierarbeiten, Nützliches aus Holz, Leckereien aus der Küche, altes Leinen neu entdeckt, Dekorationen aus verschiedenen Materialien und vieles mehr. Darüber hinaus laden Essens- und Getränkestände zum Verweilen ein.
Oberkail ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Besonders die Frohnert-Kapelle auf einer Anhöhe nahe des Dorfes ist seit Jahrhunderten ein gern besuchtes Wallfahrtsziel – sowohl für auswärtige Pilger als auch für Oberkailer und Bewohner der Nachbargemeinden.
Wahrzeichen Frohnert-Kapelle
Graf Philipp Dietrich von Manderscheid-Kail (1613–1653) war der Erbauer der Wallfahrts-Kapelle Frohnert, die wahrscheinlich eine Nachbildung der ältesten Gnadenkapelle der „Trösterin der Betrübten“ in Luxemburg ist. Die Vermutung liegt nahe, dass die Schrecken des Pestjahres 1636 in Oberkail den Gedanken einer besonderen Gebetsstätte reifen ließen. Bald nach 1636 muss man mit den Bauarbeiten begonnen haben, denn am 14. August 1639 erteilte der Trierer Weihbischof Otto von Senheim dem Grafen die Erlaubnis, in der schon weitgehend fertiggestellten Kapelle „der hl. Maria, des hl. Rochus und anderer Heiliger“ die hl. Messe auf einem (transportablen) Altarstein feiern zu lassen. Da in Oberkail die Bauleute aus dem nahen Himmerod noch im spätgotischen Stil (dortiger Kreuzgang) zu bauen gewohnt waren, wurde das runde Luxemburger Vorbild zu einer oktogonalen Anlage (Durchmesser 8,5 m) mit sechs bis zum Beginn der Wölbung reichenden Spitzbogenfenstern abgewandelt. In den Raum gelangt man durch einen rechteckigen kreuzrippengewölbten Vorraum im Westen.
Frohnert ist ein Wallfahrtsort für Einzelpilger und kleinere Gruppen. Die vierzehn Nothelfer werden seit alters her in den verschiedensten Anliegen angerufen. Ganz besonders ist auch die Lage der Frohnert-Kapelle auf einem Hügel über Oberkail. Laut einer Sage wurde die Kapelle genau dort erbaut, da das Baumaterial von der ursprünglich vorgesehenen Stelle plötzlich verschwunden war und auf dem Hügel über Oberkail wieder auftauchte. Man sah dies als ein Zeichen Gottes und entschied sich dafür, die Kapelle dort zu bauen, wo sie heute noch steht.
Autoren: Erich Gerten, Petra Fische
Beitrag aus Gemeinde und Stadt 08/2021