BlitzReport SONDERINFO: Kommunalfinanzen 2002_2003

BlitzReport SONDERINFO: Kommunalfinanzen 2002/2003

Rheinland-pfälzische Kommunen vor der Pleite –
Zur Ausgangslage

     
Die Lage der kommunalen Finanzen ist alles andere als rosig: Im ersten Halbjahr 2001 haben die Steuereinnahmen der Gemeinden im Land gegenüber dem Zeitraum des Vorjahres um 319 Mio. DM (ein Drittel) abgenommen. Dagegen steigen die Kassenkredite von 1,5 Mrd. DM am Ende des Jahres 2000 um 421 Mio. DM auf über 1,9 Mrd. DM zum 30.06.2001 an. Allein die Kassenkredite verursachen Zinsausgaben von über 100 Mio. DM. Bundesweit wird der Bedarf allein zur Erhaltung der Infrastruktur bis 2009 auf 1,3 Billionen Mark beziffert. Das Finanzierungsdefizit nimmt in besorgniserregendem Ausmaß zu. Kommunale Selbstverwaltung ist kaum noch mit Inhalt zu füllen, Gestaltbares geht weiter zurück. Eine kurzfristige Lösung könnte bei der Gewerbesteuerumlage liegen. Doch das machen die Länder zurzeit nicht mit, die sich aus dieser Umlage gut bedienen.

BR SI 1/12/01 HB/967-00

Steuerschätzung; November 2001; Gesamtergebnis

Der Arbeitskreis "Steuerschätzung" hat am 08. und 09.11.2001 die Steuereinnahmen für das laufende Haushaltsjahr und das Jahr 2002 geschätzt. Der Arbeitskreis hat seine Prognose zur Entwicklung des gemeindlichen Steueraufkommens im Jahr 2002 um -3,3 Mrd. € auf 54,8 Mrd. € nach unten korrigiert. Das im Mai 2001 prognostizierte Steueraufkommen der Gemeinden in Höhe von 55,4 Mrd. € für das Haushaltsjahr 2001 hat der Arbeitskreis um -1,3 Mrd. € auf 54,0 Mrd. € nach unten korrigiert.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung stellen sich insgesamt wie folgt dar:

Ist-Ergebnis Schätzung




2000
2001
2002

1. Bund (Mrd. €)
Veränderung gegenüber Vorjahr (v.H.)

198,8
3,3

194,7
-2,0

196,9
1,1


2. Länder (Mrd. €) nach Ergänzungszuweisungen
Veränderung gegenüber Vorjahr (v.H.)
Veränderung gegenüber Vorjahr ohne Bahnreform und Verrechnungen

189,5

3,0

2,8

179,9

-5,1

-5,0

188,8

5,0

3,3


3. Gemeinden (Mrd. €)
Veränderung gegenüber Vorjahr (v.H.)

57,1
1,4

54,0
-5,4

54,8
1,4


4. EU (Mrd. €)
Veränderung gegenüber Vorjahr (v.H.)

21,8
7,6

20,2
-7,4

21,9
8,4


5. Steuereinnahmen insgesamt (Mrd. €)
Veränderung gegenüber Vorjahr (v.H.)


467,3
3,1


448,9
-3,9


462,5
3,0



BR SI 2/12/01 HB/967-02

GStB-Finanzausschuss fordert Sofortprogramm bei der Gewerbesteuerumlage

Vor wenigen Tagen hat der Bundesfinanzminister in einem Schreiben an den Deutschen Städte- und Gemeindebund die Einsetzung einer Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen angekündigt. Für die aktuelle Lage der Gemeindefinanzen reicht dies aber nicht aus. Sofort notwendig ist ein Vier-Punkte-Programm:

  • Die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage von 20 % auf 30 % zugunsten von Bund und Ländern muss rückgängig gemacht werden.
  • Die Gewerbesteuerfreiheit von Dividenden aus Unternehmensbeteiligungen darf nicht in Kraft treten.
  • Die Gewerbesteuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen muss – wie es auch der Bundesrat fordert- rückgängig gemacht werden.
  • Die Möglichkeiten der Unternehmen, sich durch konzerninterne Umstrukturierungen aus der Gewerbesteuer weitgehend zu verabschieden, muss massiv eingeschränkt werden.


Der Bund muss handeln! Das Land muss sich im Bundesrat aktiv für diese kommunalen Belange einsetzen. Es kann nicht angehen, dass sich Bund und Länder über die Gewerbesteuerumlage zusätzlich aus den Steuereinnahmen der Kommunen bedienen. Ohne Wiederbelebung der öffentlichen Investitionen wird die Wende zur besseren wirtschaftlichen Entwicklung weiter verzögert.

BR SI 3/12/01 HB/967-00

Der Landtag darf die Eingriffe in den Kommunalen Finanzausgleich 2002 und 2003 nicht beschließen

Insgesamt bereitet die Landesregierung im kommunalen Finanzausgleich für die Jahre 2002 und 2003 zusätzliche Verschiebungen zugunsten des Landes und zu Lasten der kommunalen Ebene in Höhe von jährlich gut 70 Mio. ¬ vor.
Folgende Änderungen des Finanzausgleichs werden angestrebt:


  1. Die Grunderwerbsteuer soll "verstaatlicht" werden und in Zukunft nicht mehr in Höhe von 2 v.H. an die kreisfreien Städte und Landkreise weitergeleitet werden. Nach dem Haushaltsentwurf der Landesregierung führt dies zu Mindereinnahmen bei den Landkreisen und kreisfreien Städten jährlich in Höhe von rd. 123 Mio. ¬ . Gleichzeitig soll die Grunderwerbsteuer in den Steuerverbund einbezogen werden. Dadurch reduziert sich die Nettobelastung insoweit auf 97,2 Mio. ¬. Der Verbundsatz soll von 20,25 v.H. auf 21 v.H. erhöht werden. Dies führt zu Mehreinnahmen bei der Verbundmasse in Höhe von 57,2 Mio. ¬.Die kommunale Nettomehrbelastung aus diesen Vorgängen beträgt demgemäß jährlich 40 Mio. ¬.
  2. Ein Ausgleich für die kreisfreien Städte und die Landkreise soll durch eine nachhaltige Erhöhung der Schlüsselzuweisung B 1 (Kopfbeträge) erfolgen. Im Durchschnitt sollen sich die Mindereinnahmen aus dem Wegfall der Grunderwerbssteuer auf rd. 10 ¬ je Einwohner belaufen. Bei einzelnen kreisfreien Städten werden zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen für die wegfallende Grunderwerbsteueranteile erforderlich.
  3. Als weitere – jährliche – Befrachtungen des kommunalen Finanzausgleichs sind zu betrachten:

  • Einbeziehung der Denkmalpflege, Bibliotheken und Museen in den kommunalen Finanzausgleich: 2,1 Mio. ¬.
  • Entnahme der Planungskosten für Kreisstraßen aus dem kommunalen Finanzausgleich: 7,1 Mio. ¬.
  • Entnahme der für die verbesserte Förderung der Kirchen und der Ganztagskindergärten vorgesehene Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich: 15 Mio. ¬.
  • Kürzung der Abgeltung aus der Kommunalisierung der Gesundheitsämter um 15 v.H.: rd. 6,1 Mio. ¬.


Insgesamt errechnet sich daraus eine zu erwartende zusätzliche Belastung der Kommunen für 2002 und 2003 mit jeweils rd. 70 Mio. ¬.

BR SI 4/12/01 HB/967-00

2002 und 2003 – Die Zahl der unausgeglichenen Haushalte steigt über 1.000; Schulden steigen; die Gemeinden sind pleite

Sämtliche Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich führen weiter dazu, dass die den Gemeinden zur Verfügung stehenden nicht zweckgebundenen Finanzmittel erneut erheblich reduziert werden, sich dadurch das Defizit in den Verwaltungshaushalten und die Kassenkredite nochmals deutlich erhöhen, die Anzahl der unausgeglichenen Haushalte die Tausend-Marke überschreiten wird und – im Blick auf die aktuelle konjunkturelle Entwicklung völlig kontraproduktiv – die Investitionsfähigkeit der Kommunen erheblich geschwächt wird. Soweit es zur Umsetzung unabweisbarer Investitionsmaßnahmen kommt, wird sich mangels freier Finanzspitze die Neuverschuldung der rheinland-pfälzischen Kommunen nochmals bedenklich erhöhen.

BR SI 5/12/01 HB/967-00

Land hängt Kommunen von der Einnahmenentwicklung ab

Auch sonst werden die Gemeinden, Städte, Verbandsgemeinden und Landkreise von der Einnahmenentwicklung abgehängt. Das Ministerium der Finanzen hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage (LT-Drucks. 13/6744) u.a. die Entwicklung kommunaler Steuereinnahmen aufgezeigt. Danach sind die Steuereinnahmen der rheinland-pfälzischen Kommunen in €  je Einwohner von 541,23 € in 1990 um 15,24 % auf 623,73 € in 1999 angestiegen (in den Flächenländern West im gleichen Zeitraum um 24,87 %, von 611,66 € auf 750,99 €). Die Verbundmasse ist in diesem Zeitraum um 41,11 % angestiegen, die Ausgleichsmasse, also das, was den kommunalen Gebietskörperschaften über den kommunalen Finanzausgleich vom Land weitergegeben wird, lediglich um 27,87 %.

BR SI 6/12/01 HB/967-00

GStB-Finanzausschuss fordert Fortschreibung der bisherigen Struktur des Finanzausgleichs;
Seit 1992 bereits 1 Mrd. DM kommunale Sonderopfer zur Sanierung des Staatshaushalts


Die Landesregierung nimmt zu einem Zeitpunkt, in welchem die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen gleichermaßen unter erheblichen Steuermindereinnahmen leiden, erneut gravierende Eingriffe in die kommunale Finanzausstattung in Angriff und setzt damit – wie bei den beiden vorausgegangenen Doppelhaushalten mit anhaltenden Mehrbelastungen der kommunalen Ebene in Höhe von jährlich rd. 200 Mio. DM – ihre Politik einer nachhaltigen Schwächung der kommunalen Leistungsfähigkeit zur Entlastung des Landeshaushaltes fort. Und dies, obwohl die "kommunale Familie" seit 1992 schon 1 Mrd. DM Sonderopfer zur Finanzierung des Staatshaushaltes geleistet hat. Der Finanzausschuss des GStB hat am 27.11.2001 die Haltung von Vorstand und Landesausschuss bekräftigt, für den kommenden Doppelhaushalt des Landes mindestens eine lineare Fortschreibung der Zuweisungen an die Kommunen unter Verzicht auf jegliche Mehrbelastung der kommunalen Seite sowie unter Verzicht auf Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich zu fordern.

BR SI 7/12/01 HB/967-00

Auswirkungen der Steuerschätzung vom November 2001 auf die Verbundmassen 2002 und 2003; Problem als Vorbelastung auf 2005 vertagt

Der Ministerpräsident hat am 14.11.2001 vorgeschlagen, die im System liegenden Kürzungen der Finanzausgleichsmasse im Jahr 2002 um 31 Mio. € und im Jahr 2003 um 32 Mio. € jetzt nicht vorzunehmen. Die nach § 5 Abs. 2 LFAG vorgesehene Verrechnung soll erst im Jahr 2005 erfolgen. Unter Berücksichtigung der Risikoabschläge (2002 = 120 Mio. € und 2003 = 90 Mio. €) entfallen auf das Land Rheinland-Pfalz nach der neuesten Steuerschätzung Mindereinnahmen von 146 Mio. € (2002) und 154 Mio. € (2003), die zusätzlich zu finanzieren sind. Der kommunale Anteil hieran in Höhe des Verbundsatzes von jeweils 21 % ergibt die genannten 31 Mio. € (2002) und 32 Mio. € (2003). Die Steuerschätzung vom November 2001 ergibt außerdem für das Jahr 2001 Nachforderungen des Landes zu Lasten der Kommunen, die im kommunalen Finanzausgleich des Jahres 2004 zu einer negativen Abrechnung in Höhe von voraussichtlich rd. 85 Mio. € führen wird. Die Gesamtvorbelastung beläuft sich mithin auf rd. 148 Mio. € und entspricht bezogen auf die Finanzausgleichsmasse des Jahres 2002 (1,735 Mrd. €) einem Anteil in Höhe von 8,5 %.
Diese Entscheidung löst aber keine Probleme, denn bei den Eingriffen von 70 Mio. € und Jahr soll es bleiben. Damit werden die Gemeinden quasi zum "Insolvenzrichter" getrieben.

BR SI 8/12/01 HB/967-00

Standardöffnungsgesetz darf nicht zu einem Standardeinführungsgesetz mutieren

Der Finanzausschuss des GStB hat in seiner Sitzung am 27.11.2001 einmütig den jetzt diskutierten Vorschlag für ein "Landesgesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Bürgerbeteiligung" als nicht wirksam und allenfalls als einen wichtigen Beitrag zur Schaffung, Erhaltung und Förderung von Bürokratie bewertet.
Aus einem Katalog von Landesgesetzen sollen sich die Gemeinden einen Standard aussuchen dürfen und nach Klärung haftungs- und strafrechtlicher Zusammenhänge am Ende eines kommunalpolitischen Entscheidungsprozesses einen Antrag an das Innenministerium (ISM) stellen dürfen, doch bitte von einem bestimmten Standard befreit zu werden. Das ISM entscheidet über den Antrag auf Standardöffnung. Danach müssen Vollzugsmeldungen gemacht werden.
Den Kommunen hilft ein solches Standardöffnungsgesetz nicht. Notwendig ist ein Gesetz, in dem die landesrechtlichen Regelungen konkret (Paragraph, Absatz, Satz, Halbsatz) genannt werden, die ggf. auf Zeit nicht angewandt werden müssen. Das wäre eine wirkliche Stärkung der Selbstverwaltung. Eine solche Regelung würde sofort wirken.

BR SI 9/12/01 HB/967-00

GStB-Finanzausschuss legt 10-Punkte-Plan als Sofortmaßnahme zur wirksamen Ausgabensenkung vor

Der Finanzausschuss des GStB hat am 27.11.2001 folgenden 10-Punkte-Plan als Sofortmaßnahme zur wirksamen Ausgabensenkung vorgelegt:

  • Ab sofort wird das Landespersonalvertretungsgesetz in der Fassung von 1977 angewandt. Erwartete Einsparung: mindestens 10 Mio. DM
  • Ab sofort entscheiden die Kommunen über Frauenförderung in eigener Verantwortung. Das Landesgleichstellungsgesetz und § 2 Abs. 6 GemO/§ 2 Abs. 9 LKO werden außer Kraft gesetzt. Erwartete Einsparung: mindestens 10 Mio. DM
  • Ab sofort können Einrichtungsträger für die Nutzung von Sportstätten Entgelte erheben. § 15 Abs. 2 SportFG wird außer Kraft gesetzt. Erwartete Entlastung: mindestens 40 Mio. DM
  • Für die Bereitstellung von Ganztagsschulplätzen werden Gebühren mindestens in Höhe der Gebühr für einen Hortplatz erhoben. Erwartete Entlastung: mindestens 20 Mio. DM
  • Ab sofort können die Einrichtungsträger selbst darüber entscheiden, in eine Kindergartengruppe zwischen 25 und 30 Kinder aufzunehmen. Die Bestimmungen im Kindertagesstättenrecht werden entsprechend geändert. Erwartete Entlastung: mindestens 200 Mio. DM
  • Ab sofort entscheiden die Einrichtungsträger über die Anzahl der in Kindergärten je Gruppe einzusetzenden Fachkräfte selbst. Die Förderung wird in eine Pauschalförderung je Kind in der Einrichtung umgewandelt. Erwartete Entlastung: mindestens 100 Mio. DM
  • Ab sofort wird die regelmäßige Arbeitszeit aller Landes- und Kommunalbediensteter ohne zusätzlichen Ausgleich auf 41 Stunden/Woche festgelegt. Erwartete Entlastung: mindestens 400 Mio. DM
  • Ab sofort dürfen Kommunen Geld sparen, indem sie bei Baumaßnahmen, wie jeder private Dritte auch, nachverhandeln dürfen! Erwartete Entlastung: mindestens 50 Mio. DM
  • Ab sofort dürfen Kommunen Geld sparen, indem sie Baumaßnahmen an einen Generalunternehmer vergeben dürfen! Erwartete Einsparung: mindestens 50 Mio. DM
  • Ab sofort entscheiden die Kommunen selbst, ob und für welche relevanten gesellschaftlichen Gruppen Beiräte oder Beauftragte bestellt werden. Erwartete Einsparung: mindestens 10 Mio. DM


Rechtsansprüche von Bürgerinnen und Bürgern sind mit keinem der 10 Punkte beeinträchtigt. Mit keinem der 10 Punkte ist eine Gesundheitsgefährdung oder Sicherheitseinschränkung zu befürchten. Der Finanzausschuss hat sich bei den Vorschlägen auch von der Überlegung leiten lassen, dass der Bürgerservice vor Ort nicht eingeschränkt wird.
Sofern das Standardöffnungsgesetz entsprechend dem jetzigen Vorschlag vom Landtag verabschiedet werden sollte, empfiehlt der Finanzausschuss des GStB, entsprechende Anträge an die Standardbefreiungsbehörde (Ministerium des Innern und für Sport) zu richten.

BR SI 10/12/01 HB/967-00