BlitzReport August 2012 © GStB
„Schuldenbremse“; Ausführungsgesetz zu Art. 117 LV beschlossen | Der rheinland-pfälzische Landtag hat Ende Juni 2012 das Ausführungsgesetz zu Art. 117 LV mit Mehrheit der Regierungsfraktionen beschlossen. Danach ist der Landeshaushalt spätestens 2020 im Grundsatz ohne Neuverschuldung auszugleichen. Ausgleich durch Kreditaufnahme ist danach nur in konkret definierten Ausnahmenfällen möglich, insbesondere aufgrund konjunktureller Schwankungen (Konjunkturbereinigung) oder etwa bundes- oder EU-rechtlicher Vorgaben (sog. Strukturanpassungskredite). Gegenüber dem Gesetzentwurf der Landesregierung gab es geringfügige Änderungen. So wurde z. B. der Zeitraum für die Tilgung von Strukturanpassungskrediten konkret auf acht Jahre festgelegt. Die Forderung der kommunalen Spitzenverbände, im Gesetz klarzustellen, dass die Schuldenbremse des Landes nicht zu Lasten der Kommunen gehen darf, wurde nicht aufgegriffen. Weitere Info: Finanzen & Kommunale Doppik BR 078/08/12 TR/900-03 | |
Kommunaler Entschuldungsfonds; Stand der Teilnahme | Zum Stichtag 01.06.2012 haben 562 Kommunen die zur Teilnahme am kommunalen Entschuldungsfonds KEF-RP notwendigen Konsolidierungsverträge abgeschlossen. Das sind fast genau die Hälfte der insgesamt 1.108 teilnahmeberechtigen Kommunen. Dies geht aus einer Antwort des ISIM auf eine kleine Landtagsanfrage hervor (LT-Drs. 16/1321). Danach haben je einen Vertrag eine kreisfreie Stadt sowie ein Landkreis abgeschlossen; bei den Verbandsgemeineden sind es 21 Verträge. Alle übrigen 539 Verträge betreffen verbandsangehörige Ortsgemeinden und Städte. Weitere Info: Finanzen & Kommunale Doppik BR 079/08/12 TR/910-30 | |
Jagdgenossenschaft; Pflichtmitgliedschaft; Europäischer Gerichtshof | Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit rechtskräftigem Urteil vom 26.06.2012, Az.: 9300/07, festgestellt, dass die gesetzliche Verpflichtung, die Jagd auf eigenen Grundstücksflächen dulden zu müssen, eine Verletzung von Art. 1 Protokoll Nr. 1 (Schutz des Eigentums) der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt. Grundstücksbesitzern, welche die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, werde eine unverhältnismäßige Belastung auferlegt. Damit folgt der Europäische Gerichtshof seinen Schlussfolgerungen in zwei früheren Urteilen, die das Jagdrecht in Frankreich und Luxemburg betrafen. In Rheinland-Pfalz ergibt sich die Pflichtmitgliedschaft der Eigentümer bejagbarer Grundstücke in der Jagdgenossenschaft aus § 11 Abs. 1 Satz 1 LJG. Kraft Gesetzes, d. h. unabhängig vom individuellen Willen, gehören die betroffenen Grundstückseigentümer der Jagdgenossenschaft an. Eines formalen Eintrittsakts bedarf es nicht, ein Austritt ist nicht möglich. Die Pflichtmitgliedschaft entzieht dem einzelnen Grundstückseigentümer die Entscheidung, ob auf seinem Grund und Boden die Jagd ausgeübt werden darf oder nicht. Bundes- und Landesgesetzgeber sind nunmehr aufgefordert, eine Regelung zu schaffen, welche die Konventionsverletzung beseitigt. Wie künftige gesetzliche Regelungen aussehen können oder müssen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Der GStB wird sich im Interesse der rheinland-pfälzischen Gemeinden und Jagdgenossenschaften in die Abstimmungsgespräche einbringen. BR 080/08/12 DS/765-22 | |
Jagdgenossenschaft; Pflichtmitgliedschaft; Europäischer Gerichtshof; Konsequenzen | Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten ist mit Schreiben vom 02.07.2012 an die unteren Jagdbehörden auf die Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eingegangen. Den Jagdgenossenschaften und Jagdbehörden wird dringend empfohlen, an sie gerichtete Anträge auf Austritt aus der Jagdgenossenschaft abzulehnen bzw. zurückzustellen, bis die konventionsgerechte Ausgestaltung des Jagdrechts erfolgt ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat keine Verwerfungskompetenz, bis zur Änderung des Jagdgesetzes besteht das geltende Recht fort. Das deutsche Jagdrecht sieht eine Möglichkeit zum Austritt aus der Jagdgenossenschaft nicht vor. Damit steht weder der Jagdgenossenschaft noch deren Aufsichtsbehörde nach geltender Rechtslage ein Entscheidungsspielraum zu. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat mit den entsprechenden Landesbehörden Kontakt aufgenommen, um eine bundesweit einheitliche Änderung des Jagdrechts zu erarbeiten. Bei der rechtlichen Umsetzung des Urteils hat der Gesetzgeber einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Keineswegs folgt aus dem Urteil, dass die Pflichtmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft generell abzuschaffen ist. Vielmehr muss eine Ausgestaltung der Rechtslage vorgenommen werden, die die Eigentumsrechte mit Blick auf die Europäische Menschenrechtskonvention im Sinne der Vorgaben des Gerichtshofs wahrt. BR 081/08/12 DS/765-22 | |
Spielplatzlärm | Von einem gemeindlichen Spielplatz für Kinder bis 12 Jahre gehen keine unzumutbaren Lärmbelästigungen durch spielende Kinder aus. Das VG Neustadt bewertete den Spielplatz auf Grund seiner Lage, Größe und Ausstattung als unter das Kinderlärmprivileg fallenden Kinderspielplatz. Auch im Zusammenhang mit einer benachbarten Kneipp-Anlage handelt es sich nicht um einen Erlebnispark. Spielplatzfremde Nutzungen – wie lärmende Jugendliche oder Erwachsene ‑ stellten die Zulässigkeit des Spielplatzes nur dann in Frage, wenn in der bestimmungswidrigen Nutzung eine mit der Einrichtung selbst geschaffene besondere Gefahrenlage zum Ausdruck kommt, so dass sich der Fehlgebrauch als Folge des Anlagebetriebs darstellt. Da dies hier nicht zutrifft, muss sich der Kläger wegen solcher Störungen an die Polizei- oder Ordnungsbehörde wenden. Gleiches gilt für störende, missbräuchliche Nutzungen der im Normalbetrieb nicht erheblich störenden Kneipp-Anlage (Urteil vom 28.06.2012, Az.: 4 K 194/12.NW, nicht rechtskräftig). Weitere Info: GStB-N Nr. 0140/2012 BR 082/08/12 HF/671-31 | |
Jagdgenossenschaft; Übertragung der Verwaltung der Angelegenheiten auf die Gemeinde; Muster-Vereinbarung | Die Jagdgenossenschaft kann gemäß § 11 Abs. 7 LJG die Verwaltung ihrer Angelegenheiten mit Ausnahme des Erlasses oder der Änderung der Satzung aufgrund eines Beschlusses der Versammlung ihrer Mitglieder durch schriftliche Vereinbarung ganz oder teilweise auf die Gemeinde, in der die Jagdgenossenschaft ihren Sitz hat, übertragen. Der GStB hat im Juli 2012 die Neufassung einer diesbezüglichen Muster-Vereinbarung nebst umfangreichen Erläuterungen veröffentlicht. Sie berücksichtigt die veränderten jagdrechtlichen Vorschriften, die mit und im Gefolge des LJG vom 10.07.2010 in Kraft getreten sind. Eine zwingende rechtliche Notwendigkeit, die bestehenden Vereinbarungen zur auftragsweisen Wahrnehmung der Verwaltungsgeschäfte anzupassen, ergibt sich allerdings nicht. Die Muster-Vereinbarung kann und soll nach Maßgabe der örtlichen Besonderheiten verändert werden. Teilweise wird bereits im Muster auf mögliche Alternativen hingewiesen. Je nach den Verhältnissen vor Ort sind angemessene Lösungen zu entwickeln. BR 083/08/12 DS/765-22 | |
FSC-Zertifizierung; Staatswald | In Rheinland-Pfalz wird, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, der Staatswald stufenweise FSC-zertifiziert. Bereits 2012 sollen die ersten 12 der 45 Forstämter und damit etwa 20 % der Staatswaldfläche das Label erhalten. Das Voraudit für diese Forstämter wurde im Juni 2012 abgeschlossen. Der gesamte Staatswald soll bis Ende 2014 mit dem FSC-Siegel zertifiziert sein. Aus Sicht des zuständigen Ministeriums ist das FSC-Siegel ein wichtiges Instrument, um Holz aus illegalem Einschlag kenntlich zu machen. Damit Instrumente wie die neue EU-Gesetzgebung zum Verbot des Importes von illegalem Holz greifen könnten, müssten Herkunft und Herstellung nachvollziehbar sein. Der GStB bietet seinen Mitgliedern bereits seit 1998 eine FSC-Gruppenzertifizierung an. Gegenwärtig beteiligen sich ca. 220 Gemeinden und Städte mit einer Waldfläche von insgesamt rund 60.000 Hektar. BR 084/08/12 DS/866-00 | |
Staatswald; Feinerschließungsrichtlinie | Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat im Juli 2012 die Richtlinie zur Feinerschließung durch Rückegassen im Staatswald Rheinland-Pfalz (Feinerschließungsrichtlinie 2012) veröffentlicht. Im Rahmen des FSC-Voraudits ist die Übereinstimmung der Richtlinie mit den einschlägigen FSC-Standards bestätigt worden. Die Richtlinie ist ab sofort im Staatwald, unabhängig vom Stand der FSC-Zertifizierung, einheitlich anzuwenden. Die Feinerschließung durch Rückegassen ermöglicht den Zugang zu Waldflächen für forstliche Spezialtechnik zur Durchführung waldwirtschaftlicher Maßnahmen, zur Fällung von Bäumen, zur Aufarbeitung von Holzsortimenten und zur Bringung von Holz zu den Wegen und Lagerorten der Grunderschließung. Der Waldboden als natürliche Lebens- und Produktionsgrundlage kann durch ungeregelte Befahrung schwerwiegend geschädigt werden. Daher muss die Befahrung im Wald auf Rückegassen beschränkt bleiben, die ausnahmslos nicht verlassen werden dürfen. Die strikte Bindung aller Fahrzeugbewegungen im Wald an Rückegassen gilt generell für alle Fahrzeuge unabhängig vom betrieblichen Zweck. Rückegassen sind eindeutig und dauerhaft zu kennzeichnen. BR 085/08/12 DS/866-00 | |
Bettensteuer nur für private Übernachtungen rechtmäßig | Nach dem Urteil des BVerwG vom 11.07.2012, Az.: 9 CN 1.11, 9 CN 2.11, ist die u. a. von den Städten Trier und Bingen erhobene Bettensteuer teilweise verfassungswidrig. Die Kommunen dürfen die Abgabe nur für private, vor allem aus touristischen Gründen veranlasste entgeltliche Übernachtungen erheben, nicht aber auf solche, die beruflich zwingend erforderlich sind. Diese Übernachtungen dienen nicht der Verwendung, sondern der Erzielung von Einkommen und unterliegen daher nicht einer Aufwandbesteuerung. Das BVerwG erklärte die Satzungen von Trier und Bingen in vollem Umfang für unwirksam, da jegliche Regelungen fehlten, wie berufsbedingte Übernachtungen von privaten zu unterscheiden seien und entsprechende Angaben kontrolliert werden sollen. Eine Gleichartigkeit der Bettensteuer mit der Umsatzsteuer wurde vom BVerwG hingegen verneint. BR 086/08/12 GF/963-90 | |
Jagdgenossenschaft; Jagdvorstand; Gesamtvertretung; Jagdpachtvertrag | Die Jagdgenossenschaft wird gerichtlich und außergerichtlich durch den Jagdvorstand vertreten. Beim Jagdvorstand handelt es sich um ein Kollegialorgan, das sich aus dem Jagdvorsteher und zwei Beisitzern zusammensetzt. Für die beiden Beisitzer werden Stellvertreter gewählt. Abweichungen von der vorgeschriebenen Zusammensetzung des Jagdvorstandes sind nicht zulässig. Der Jagdvorstand handelt nach dem Prinzip der Gesamtvertretung. Bei der Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen müssen alle Mitglieder des Jagdvorstandes gemeinschaftlich handeln. Das OLG Brandenburg hat mit Beschluss vom 13.04.2011, Az.: 3 U 174/10, festgestellt: Wird eine Jagdgenossenschaft nach ihrer Satzung durch den Vorstand gemeinschaftlich handelnd vertreten, so ist es zur Einhaltung der Schriftform eines Jagdpachtvertrages erforderlich, dass sämtliche zur Vertretung der Jagdgenossenschaft berufene Vorstandsmitglieder auf der Verpächterseite den Pachtvertrag unterzeichnen. Bei Fehlen der Unterschrift eines Vorstandsmitglieds ist der Jagdpachtvertrag wegen Nichteinhaltung der Schriftform nichtig. Eine Heilung durch nachträgliche Genehmigung scheidet aus, weil dadurch zwar der Mangel in der Vertretung, nicht aber ein Schriftformmangel geheilt werden kann. BR 087/08/12 DS/765-00 | |
Gefährliche Hunde; Beschluss VG Mainz | Das VG Mainz hat mit Beschluss vom 03.07.2012, Az.: 1 L 828/12.MZ, entschieden, dass die Behörde zwei Schäferhunde zu Recht als gefährliche Hunde eingestuft hat, die ein trächtiges Reh gehetzt und gerissen haben. Die beiden frei laufenden Hunde hetzten und rissen am Stadtrand das Reh, das auf Grund seiner schweren Verletzungen vom zuständigen Jagdpächter erschossen werden musste. Die Behörde stufte per Bescheid und unter Anordnung des Sofortvollzugs die Hunde als gefährliche Hunde ein und ordnete außerdem an, dass die Tiere nur noch getrennt und an der Leine sowie mit Maulkorb versehen ausgeführt werden dürfen. Der Antrag auf Stopp des Sofortvollzugs wurde abgelehnt. Hunde, die durch ihr Verhalten gezeigt hätten, dass sie Wild oder Vieh hetzen oder reißen, seien nach dem Gesetz gefährliche Hunde. Dabei genüge ein erstmaliger oder einmaliger Vorfall. Im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr sei die Behörde nicht gehalten, weitere Vorfälle abzuwarten bevor sie einen auffällig gewordenen Hund als gefährlich einstufe. Weitere Info: GStB-N Nr. 0152/2012 BR 088/08/12 CR/100-00 |