Bereits im Jahr 2010 hat Pirmasens ein erstes Klimaanpassungskonzept auf den Weg gebracht. Ziel war es, Überflutungen durch Starkregen vorzubeugen und damit Schäden an Gewässerläufen, Feld- und Waldwegen sowie Flora und Fauna zu vermeiden.
Konzept ausgezeichnet
Zunächst mussten die besonders von Überflutungen gefährdeten Gebiete definiert werden. Das Team aus Mitarbeitenden des städtischen Tiefbauamtes, der Stadtplanung, des Brand- und Katastrophenschutzes sowie Landesforsten Rheinland-Pfalz konnte sie mit Hilfe eines speziellen Computerprogramms ausmachen, das verschiedene Extremniederschlagssituationen simulierte und so Schwachstellen im eigenen System aufzeigte. Gemeinsam mit zahlreichen lokalen Akteuren konnten die Verantwortlichen so Gegenmaßnahmen entwickeln und umsetzen.
Dabei legten die Pirmasenser Wert auf naturnahe Lösungen. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist ein abgestufter Holzkastenverbau, ähnlich traditionellen Gebirgsbachabsicherungen in den Alpen. Bei diesem Prinzip sind mehrere doppelwandige Holzkastensperren hintereinander angebracht, über die das Oberflächenwasser abgeleitet wird und dann in einem flachen Geländeabschnitt versickern kann. Im Vergleich zu anderen Methoden ist diese Art der Ableitung sehr naturnah, ressourcenschonend, langlebig und kostengünstig. Das Konzept überzeugte auch die Jury eines Bundeswettbewerbs, die die Stadt 2017 als „Klimaaktive Kommune“ auszeichnete.
Situation verschärft
Aber damit war nicht Schluss: Pirmasens beschäftigt sich auch aktuell intensiv mit dem Thema. „Die Situation hat sich durch den Klimawandel immer mehr verschärft. Die Gewitter im Stadtgebiet wurden häufiger. Die Unwetter sind zwar meist örtlich eng begrenzt, aber gerade im Sommer oft so heftig, dass die örtliche Kanalisation überlastet wird“, berichtet der Pirmasenser Bürgermeister Michael Maas.
Von Juni bis August herrscht eine Extremniederschlagssituation, zugleich ist es wochenlang sehr trocken. Dadurch dörrt der Untergrund aus und ist extrem hart. Bei sehr starkem Regen kann der Boden das Wasser nicht aufnehmen und es fließt dann auch in unversiegelten Bereichen – ähnlich wie auf Straßenflächen – ungebremst ist Tal.
Fortschreibung des Klimaanpassungskonzepts
Die Zunahme der Extremwettersituationen, aber auch die guten Erfahrungen mit dem Klimaschutzkonzept und die positiven Auswirkungen der umgesetzten Maßnahmen bestärkten die Stadt darin, das Klimaanpassungskonzept fortzuschreiben und auf die Vororte auszudehnen. Bis Ende Sommer 2022 soll das Konzept stehen. Sehr wichtig ist der Stadtverwaltung dabei, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren, aufzuklären und zu sensibilisieren.
Ein wichtiges Thema ist dabei der Schutz von Gebäuden. „Die Kanalisation wird nach den geltenden technischen und gesetzlichen Vorgaben auf ein fünfjähriges Ereignis dimensioniert. Also so, dass einmal in fünf Jahren Wasser überstaut und aus dem Kanalschacht auf die Straße austritt“, erklärt Maas. Das Wasser schießt in einem solchen Fall aus den Gullydeckeln heraus und auf der Straße in Richtung Tallage. Im Ortsbezirk Windsberg kam ein solches Fünfjahresereignis in den vergangenen fünf Jahren aber schon drei Mal vor – der Klimawandel macht sich bemerkbar. Die Problematik wurde dadurch verschärft, dass es zunächst sehr stark hagelte. Die Eisklumpen verstopften die Abläufe, sodass der folgende, extrem heftige Regen nicht abfließen konnte und Straßen unterspülte.
Neue Gräben
Wenn die Hausanschlüsse und Abläufe der Gebäude unterhalb der Rückstauebene – also der Straßenoberkante – nicht gegen Rückstau gesichert sind, können dann die Keller volllaufen. Wichtig ist der Stadt deshalb, die Menschen vor Ort mit ins Boot zu holen und zu beraten, damit sie ihre Häuser, beispielsweise durch Rückstauklappen oder Hebeanlagen, vor Überflutungen schützen.
„In Windsberg wird aktuell noch mehr getan, um vorzubeugen. Beispielsweise sind neue Entwässerungsgräben außerhalb des Ortes geplant, um das Wasser vom Ort weg zu führen. Innerhalb des Ortes müssen wir auch baulich ran, etwa durch den Bau einer Notentlastung an der Kanalisation“, zählt Bürgermeister Maas die Gegenmaßnahmen auf. „Außerdem tauschen wir uns auch mit Ortskundigen aus, zum Beispiel Landwirten oder langjährigen Anwohnern. Die kennen ihr Umfeld sehr gut und können über Veränderungen in Wald und Flur berichten. Diese Hinweise können uns helfen, etwa bei der Ausrichtung von Entwässerungsgräben.“
Bürger wirken mit
Auch im Vorort Niedersimten, das durch seine Lage in einem Talkessel besonders gefährdet ist, ist ein Eingreifen nötig. Dort existieren bereits Regenrückhaltebecken und kleinere Rückhaldemulden im umliegenden Wald. Nun sollen zusätzliche Erdmulden und ausgebaggerte Löcher Abhilfe schaffen. Außerdem wurden die Anlieger des Baches dazu angehalten, den Bachlauf frei zu halten und im Uferbereich kein Material wie beispielsweise Brennholz zu lagern. „Denn alles, was in Bachnähe gebaut oder aufgeschichtet ist, kann bei Starkregen wie ein Stauwehr wirken und zu Überflutungen führen“, erklärt Maas. „Uns liegt viel daran, die Bürgerinnen und Bürger aufzuklären und zu sensibilisieren, sodass sie von sich aus mitwirken und keine strengeren Maßnahmen unsererseits notwendig werden“.
Pirmasens scheint gut gerüstet. Auch für ein Jahrhundertereignis.
Info: Hochwasser- und Starkregenvorsorge in Rheinland-Pfalz
Zur kommunalen Hochwasser- und Starkregenvorsorge fördert das Land Rheinland-Pfalz die Aufstellung umfassender örtlicher Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzepte mit bis zu 90 Prozent der Kosten. Das Kompetenzzentrum für Hochwasservorsorge und -risikomanagement (KHH) sowie das Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge (IBH) beraten und unterstützen Kommunen bei der Erstellung solcher Konzepte.
Kontakt
Stadtverwaltung Pirmasens, Maximilian Zwick, Leiter Pressestelle, Tel.: +49(0)6331 / 84-2222, E-Mail: presse@pirmasens.de.
Info Pirmasens
Die rund 40.000 Einwohner zählende Stadt Pirmasens liegt am südwestlichen Rand des Pfälzerwalds. Im Zeitraum von 2005 bis 2015 hat die Kommune mehr als 20 Millionen Euro in die Regenwasserbewirtschaftung und die Hochwasservorsorge investiert. Weitere knapp 20 Millionen Euro wurden in die Sanierung und Erneuerung der insgesamt 271 Kilometer umfassenden Kanalisation investiert.